Haben Sie sich schon einmal ungerecht behandelt gefühlt, weil eine frühere Bewährungsstrafe in einem neuen Strafurteil fälschlicherweise berücksichtigt wurde? Viele Menschen stehen vor diesem Problem, doch gibt es eine richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die in solchen Fällen helfen kann. Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, lohnt es sich, die folgenden Ausführungen des Urteils genau zu studieren, um mögliche Lösungsansätze zu entdecken.
2 StR 4/00 Versuchter schwerer räuberischer Erpressung
Fallübersicht
Konkrete Situation
In diesem Fall geht es um einen Angeklagten, der wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung vor Gericht steht. Der Angeklagte soll versucht haben, mit Gewalt oder Drohung eine andere Person dazu zu zwingen, ihm Geld oder Wertgegenstände zu übergeben. Die Tat wurde unter dem Einfluss von Drogen begangen, und der Angeklagte wollte mit dem erbeuteten Geld Rauschmittel beschaffen. Zum Tatzeitpunkt war er in einem Substitutionsprogramm (Behandlung mit Ersatzstoffen wie Methadon) und litt unter Entzugserscheinungen.
Kläger (Angeklagter): Beschuldigter in einem Strafverfahren
Der Angeklagte, der sich in einem Strafverfahren befindet, argumentiert, dass das Gericht bei der Strafzumessung Fehler gemacht habe. Er ist der Ansicht, dass seine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund seiner Drogenabhängigkeit nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
Beklagter (Staat): Anklagevertretung im Strafverfahren
Die Anklagevertretung, die den Staat repräsentiert, hält daran fest, dass der Angeklagte die Tat begangen hat und dass die Verurteilung gerechtfertigt ist. Sie argumentiert, dass die Strafe angemessen sei, da der Angeklagte bereits mehrfach straffällig geworden ist und die Tat während einer laufenden Bewährung begangen wurde.
Urteilsergebnis
Der Angeklagte hat teilweise Erfolg: Das Gericht hob den Strafausspruch auf, da die vorherige Bewährungsstrafe bereits verbüßt war und somit nicht strafschärfend berücksichtigt werden durfte. Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. In Bezug auf den Schuldspruch wurde die Revision jedoch verworfen, da keine Rechtsfehler vorlagen. Der Angeklagte muss daher erneut mit einer Entscheidung über das Strafmaß rechnen, jedoch bleibt der Schuldspruch bestehen.
Unzulässige Revision: Versuchter Mord im Freundeskreis (2 StR 313/00) 👆2 StR 4/00 Relevante Rechtsvorschriften
§ 349 Abs. 2 StPO
Der § 349 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) ermöglicht es dem Revisionsgericht, eine Revision ohne Hauptverhandlung zu verwerfen, wenn das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Revision des Angeklagten teilweise verworfen, da der Schuldspruch keine Rechtsfehler aufwies.
§ 250 Abs. 3 StGB
Dieser Paragraph bezieht sich auf den Tatbestand des schweren Raubes, wobei ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, wenn besondere mildernde Umstände vorliegen. Das Landgericht hatte einen minder schweren Fall angenommen, jedoch eine zusätzliche Strafmilderung aufgrund von Versuch und verminderter Schuldfähigkeit abgelehnt. Diese Entscheidung wurde im Revisionsverfahren kritisch betrachtet.
§ 49 StGB
§ 49 des Strafgesetzbuches (StGB) befasst sich mit der Strafrahmenmilderung. Diese Vorschrift erlaubt es, unter bestimmten Umständen den Strafrahmen zu reduzieren. Im vorliegenden Fall wurde diskutiert, ob eine solche Milderung aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten und des Versuchscharakters der Tat gerechtfertigt wäre.
§ 64 StGB
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zielt darauf ab, Straftäter, die unter einer Suchterkrankung leiden, therapeutische Hilfe zu bieten. Im Urteil wurde bemängelt, dass das Landgericht diese Möglichkeit nicht ausreichend geprüft hatte, obwohl die Umstände des Falles, wie die Drogenabhängigkeit des Angeklagten und dessen Teilnahme an einem Substitutionsprogramm, dies nahelegten.
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Grundsätzliche Auslegung
§ 349 Abs. 2 StPO
Gemäß § 349 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) wird eine Revision als offensichtlich unbegründet verworfen, wenn das Berufungsgericht sie für nicht gerechtfertigt hält. Das bedeutet, dass das Gericht die Entscheidung der Vorinstanz in Bezug auf die Schuldfrage nicht beanstandet, sofern keine Rechtsfehler vorliegen.
§ 250 Abs. 3 StGB
Der § 250 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs (StGB) behandelt den minder schweren Fall der schweren räuberischen Erpressung. Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn die Umstände der Tat weniger gravierend sind. Hierbei wird das Strafmaß entsprechend reduziert, was jedoch eine sorgfältige Abwägung der Tatumstände erfordert.
§ 49 StGB
§ 49 StGB regelt die Strafrahmenmilderung. Diese Vorschrift ermöglicht es, den Strafrahmen zu senken, wenn besondere Milderungsgründe vorliegen. Dazu gehört unter anderem der Versuch der Tat oder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Täters.
§ 64 StGB
Gemäß § 64 StGB kann die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet werden, wenn der Täter an einer Abhängigkeit leidet und die Gefahr besteht, dass er weitere Straftaten unter Drogeneinfluss begehen könnte. Diese Maßnahme dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Rehabilitation des Täters.
Ausnahmeauslegung
§ 349 Abs. 2 StPO
In Ausnahmefällen kann von der grundsätzlichen Auslegung abgewichen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die eine andere Beurteilung der Schuldfrage rechtfertigen könnten. Dies ist jedoch selten der Fall.
§ 250 Abs. 3 StGB
Ein Ausnahmefall bei der Anwendung von § 250 Abs. 3 StGB kann gegeben sein, wenn die Milderungsgründe der §§ 21 und 23 Abs. 2 StGB bereits konstitutiv für die Annahme eines minder schweren Falles sind. In solchen Situationen wird eine weitere Milderung des Strafrahmens ausgeschlossen.
§ 49 StGB
Die Ausnahmeauslegung von § 49 StGB tritt ein, wenn die Milderungsgründe nicht ausreichend sind, um den Strafrahmen zu senken, oder wenn sie bereits in die Bewertung eines minder schweren Falles eingeflossen sind.
§ 64 StGB
Eine Ausnahme von der Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB kann gemacht werden, wenn trotz vorhandener Abhängigkeit keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Täter weitere erhebliche Straftaten begehen wird. In solchen Fällen wird von einer Unterbringung abgesehen.
Angewandte Auslegung
In der vorliegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde die grundsätzliche Auslegung des § 349 Abs. 2 StPO angewendet, da der Schuldspruch als fehlerfrei angesehen wurde. Bei § 250 Abs. 3 StGB und § 49 StGB hingegen wurde eine Ausnahmeauslegung vorgenommen, da die Milderungsgründe bereits in die Bewertung des minder schweren Falles eingeflossen waren. Schließlich wurde die Notwendigkeit einer Unterbringung nach § 64 StGB überprüft, jedoch nicht angeordnet, was auf eine fehlende Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen dieser Maßnahme zurückzuführen ist.
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2 StR 4/00 Lösungsmethoden
In dem Fall 2 StR 4/00 erwies sich der Weg der Revision als teilweise erfolgreich, da das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben wurde. Der Angeklagte argumentierte erfolgreich gegen die Berücksichtigung einer Bewährung, die tatsächlich nicht mehr bestand. In solchen Fällen ist die Einschaltung eines erfahrenen Strafverteidigers ratsam, um komplexe rechtliche Argumente erfolgreich vorbringen zu können. Ein selbständiges Vorgehen ohne juristische Unterstützung hätte hier wahrscheinlich nicht zum gewünschten Erfolg geführt, da die rechtlichen Feinheiten und die Notwendigkeit einer detaillierten Beweisführung eine professionelle Handhabung erforderten.
Ähnliche Fälle Lösungsmethoden
Erpressung ohne Bewährung
Wenn in einem ähnlichen Fall die Erpressung stattfand, ohne dass der Täter unter Bewährung stand, sollte der Angeklagte darauf achten, dass dieses Detail korrekt im Verfahren berücksichtigt wird. Ein juristischer Beistand kann hier helfen, die Sachlage klarzustellen und eine unzulässige Strafverschärfung zu vermeiden. In solchen Fällen ist es meist sinnvoll, einen Anwalt hinzuzuziehen, um die Verteidigungsstrategie zu optimieren.
Erpressung mit Drogenabhängigkeit
Bei einer Erpressung, die unter dem Einfluss einer Drogenabhängigkeit begangen wurde, könnte es sinnvoll sein, die Möglichkeit einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu prüfen. Hierbei sollte der Angeklagte oder sein Anwalt darauf hinweisen, dass die Tat unter Einfluss von Drogen verübt wurde, um möglicherweise mildernde Umstände geltend zu machen. Eine professionelle rechtliche Beratung ist in solchen Fällen oft unerlässlich, um die besten Chancen im Verfahren zu haben.
Erpressung mit verminderter Schuldfähigkeit
Liegt bei der Erpressung eine verminderte Schuldfähigkeit vor, wie es bei psychischen Störungen der Fall sein kann, sollte dies als mildernder Umstand präsentiert werden. Hierbei kann es entscheidend sein, psychologische Gutachten vorzulegen, die die verminderte Schuldfähigkeit belegen. Ein Anwalt ist hier wichtig, um diese Beweise korrekt einzuführen und die rechtlichen Konsequenzen zu erläutern.
Erpressung unter Entzugsdruck
Wenn die Erpressung unter dem Druck von Entzugserscheinungen begangen wurde, könnte dies die Schuldfähigkeit des Täters beeinflussen. In solchen Situationen sollte der Angeklagte versuchen, dies als mildernden Faktor darzustellen und möglicherweise eine Therapie als Alternative zur Haftstrafe vorschlagen. Eine rechtliche Vertretung ist vorteilhaft, um diese Aspekte effektiv zu kommunizieren und die Chancen auf eine mildere Strafe zu erhöhen.
Rechtsanwalt verliert Lizenz wegen Schuldenchaos (AnwZ (B) 57/99) 👆FAQ
Was ist versuchte Erpressung?
Versuchte Erpressung liegt vor, wenn jemand versucht, durch Drohungen oder Gewalt eine Person zur Herausgabe von Geld oder Wertgegenständen zu zwingen, ohne dass der Versuch erfolgreich ist.
Welche Strafe bei schwerer Erpressung?
Bei schwerer räuberischer Erpressung drohen Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr. Die genaue Strafe hängt von den Umständen und der Schwere der Tat ab.
Was bedeutet strafschärfend?
Strafschärfend sind Umstände, die eine Tat schwerwiegender erscheinen lassen und somit zu einer höheren Strafe führen können, wie z.B. eine Tat unter laufender Bewährung.
Was ist eine Strafrahmenmilderung?
Eine Strafrahmenmilderung bedeutet, dass der gesetzliche Strafrahmen in bestimmten Fällen nach unten korrigiert wird, wie z.B. bei verminderter Schuldfähigkeit oder versuchter Tat.
Wie wird § 64 StGB angewendet?
§ 64 StGB ermöglicht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, wenn der Täter drogenabhängig ist und die Tat im Zusammenhang mit der Suchterkrankung steht. Dies dient der Resozialisierung.
Wann ist Bewährung widerrufen?
Bewährung wird widerrufen, wenn der Verurteilte gegen Auflagen verstößt oder erneut straffällig wird. Der Widerruf führt dazu, dass die restliche Strafe verbüßt werden muss.
Was ist Polytoxikomanie?
Polytoxikomanie bezeichnet den gleichzeitigen oder abwechselnden Missbrauch mehrerer psychoaktiver Substanzen, was oft zu komplexen gesundheitlichen und sozialen Problemen führt.
Was ist ein Beschaffungsdelikt?
Ein Beschaffungsdelikt ist eine Straftat, die begangen wird, um Mittel zur Finanzierung einer Drogensucht zu erlangen. Diese Delikte sind oft mit Entzugserscheinungen verbunden.
Was bedeutet verminderte Schuldfähigkeit?
Verminderte Schuldfähigkeit liegt vor, wenn die Fähigkeit eines Täters, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert ist, z.B. durch eine psychische Störung.
Wann wird eine Revision verworfen?
Eine Revision wird verworfen, wenn das Gericht keine Rechtsfehler im angefochtenen Urteil findet. Der Schuldspruch bleibt bestehen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Unzulässige Revision: Versuchter Mord im Freundeskreis (2 StR 313/00)
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