Plattformbetreiber haftbar Fake-Shop – klingt das realistisch? Wer Opfer eines professionell aufgemachten Fake-Shops wird, fragt sich irgendwann: Warum hat Google diese Werbung zugelassen? Wieso hat Shopify diesen Shop nicht längst gelöscht? Genau diese Fragen hat sich auch ein Nutzer aus dem Forum gestellt. Und seine Geschichte zeigt, wie verzweifelt und allein Betroffene oft sind.
Technische Plattformen und ihre Rolle
Im Zentrum der Diskussion steht die Rolle von Plattformen wie Shopify oder Google. Shopify stellt Händlern einfache Mittel bereit, um in wenigen Stunden professionelle Shops zu erstellen. Doch wenn diese Shops betrügerische Absichten haben – ist Shopify dann verantwortlich? Aus rechtlicher Sicht ist das nicht so einfach zu beantworten. Grundsätzlich gilt: Diensteanbieter nach § 10 TMG haften nicht für fremde Informationen, solange sie keine Kenntnis davon haben. Doch was, wenn ihnen Betrug gemeldet wurde?
Hier wird es spannend. Denn ab dem Moment der positiven Kenntnis – also wenn der Plattformbetreiber von der Rechtswidrigkeit erfährt – muss er handeln. Tut er das nicht, haftet er möglicherweise als sogenannter „Störer“. Genau das ist im vorliegenden Fall passiert: Sowohl Google als auch Shopify wurden über den Fake-Shop informiert, angeblich sogar mehrfach. Trotzdem blieb der Shop online. Ob das reicht, um sie haftbar zu machen? Das hängt vom Einzelfall ab – und davon, ob die Plattform angemessen reagiert hat.
Verantwortung durch Werbeanzeigen?
Ein besonders heikler Punkt: Die Fake-Shops tauchten in Google-Werbeanzeigen auf – auf seriösen Seiten wie Tageszeitungen oder Technikportalen. Dadurch wirken sie besonders vertrauenswürdig. Die Frage ist also: Kann man Google zur Rechenschaft ziehen, wenn Betrüger über AdSense Werbefläche buchen?
Die Antwort: Jein. Auch hier greift zunächst die Haftungsprivilegierung. Aber: Google muss seine Anzeigenkunden prüfen. Laut § 7 Abs. 2 TMG ist ein Plattformbetreiber verpflichtet, rechtswidrige Inhalte zu entfernen, sobald er davon erfährt. Und wenn jemand drei identische Fake-Werbeanzeigen meldet, ist das ein deutliches Zeichen. In dem Moment, wo Google trotz Kenntnis untätig bleibt, kann eine Mitverantwortung entstehen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH, C-324/09 „L’Oréal vs. eBay“) hat hierzu klare Leitlinien formuliert: Wer aktiv an der Gestaltung oder Bewerbung mitwirkt, kann nicht mehr als neutraler Vermittler gelten.
Zahlungsdienstleister in der Kritik
Auch Paypal wurde in dem Fall angesprochen – allerdings erfolglos. Obwohl der Nutzer den Betrug meldete, blieb das Konto des Fake-Shops offen. Der Käuferschutz lehnte eine Rückzahlung ab und verwies auf eine 30-tägige Frist. Das ist frustrierend, aber rechtlich gedeckt. Der Käuferschutz ist ein freiwilliger Service, keine gesetzliche Pflicht. Trotzdem darf man fragen: Sollte Paypal bei wiederholten Beschwerden nicht handeln?
Gerade wenn das Konto mehrfach auffällig geworden ist, könnte sich Paypal dem Vorwurf der Beihilfe aussetzen. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.07.2012 – III ZR 3/12) hat schon entschieden, dass auch Zahlungsdienstleister in Einzelfällen haften können – vor allem dann, wenn sie trotz eindeutiger Hinweise nicht reagieren.
Internationale Strafverfolgung fast unmöglich?
Besonders bitter: Der Shop wird von einer Briefkastenfirma in Arizona betrieben. Zwar kennt der Betroffene die Adresse und sogar den Namen des Domaininhabers. Doch was bringt das? In der Praxis fast nichts. Denn US-amerikanische Behörden arbeiten selten aktiv mit, wenn es um zivilrechtliche Online-Betrugsfälle aus Europa geht. Eine sogenannte Amtshilfe ist langwierig, kompliziert – und für Beträge unter 1000 Euro schlicht unrealistisch.
Du fragst dich jetzt wahrscheinlich: Gibt es überhaupt Hoffnung? Ein bisschen, ja. Man kann Anzeige erstatten, die Bundesnetzagentur informieren, Verbraucherzentralen einschalten und beim Landeskriminalamt (Zentralstelle Cybercrime) vorsprechen. All das kostet Zeit – aber es zeigt: Du bist nicht allein.