Kokain im Restaurant: Küchenhilfe oder Dealer? (1 StR 146/00)

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Sie unbewusst in illegale Aktivitäten verwickelt sein könnten, nur weil Sie an einem bestimmten Ort waren? Viele Menschen finden sich in ähnlichen Situationen wieder, in denen sie ohne klare Beweise des Drogenhandels beschuldigt werden. Wenn Sie sich in einer solchen Lage befinden, könnte ein Urteil des Bundesgerichtshofs, das sich mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln befasst, wertvolle Einblicke und Lösungen bieten.

1 StR 146/00 Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln

Fallübersicht

Konkrete Situation

In diesem Fall war der Angeklagte als Küchenhilfe in einem Restaurant beschäftigt, in dem Betäubungsmittel, insbesondere Kokain, umgesetzt wurden. Anfang 1998 verkaufte er in zwei Fällen jeweils 1 Gramm Kokain. Am 19. Juli 1998 nahm er entweder selbst zwei Päckchen Kokain zu je etwa 50 Gramm mit einem Reinheitsgehalt von 24 % aus einem Versteck oder erhielt diese übergeben und versteckte sie in einem Zimmer, das er bewohnte. Ein weiterer Mitbewohner verkaufte eines der Päckchen am folgenden Tag an einen Verdeckten Ermittler.

Kläger (Ermittlungsbehörde) Argumentation

Die Ermittlungsbehörde argumentierte, dass der Angeklagte unerlaubt mit Betäubungsmitteln handelte. Sie ging davon aus, dass er die beiden Päckchen Kokain zu Handelszwecken zur Verfügung hatte, da sie in seinem bewohnten Zimmer versteckt waren. Zudem wurde angenommen, dass er einen Anteil des Erlöses erhalten sollte.

Beklagter (Küchenhilfe) Argumentation

Der Angeklagte, eine Küchenhilfe, äußerte sich nicht zur Sache. Es wurde jedoch argumentiert, dass er lediglich die beiden Päckchen versteckt habe und keine eigenständige Verfügungsmacht über die Drogen hatte. Die Verteidigung stellte in Frage, ob er tatsächlich täterschaftlich handelte oder lediglich als Helfer fungierte.

Urteil

Das Gericht entschied zugunsten der Ermittlungsbehörde. Der Angeklagte wurde des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Weiterhin wurde er der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig befunden. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

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1 StR 146/00 Relevante Gesetzesartikel

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Der § 29a Abs. 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) befasst sich mit dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Eine „nicht geringe Menge“ ist eine rechtliche Definition, die sich auf eine spezielle Schwelle bezieht, ab der der Besitz von Betäubungsmitteln als besonders schwerwiegend angesehen wird. Diese Schwelle variiert je nach Art der Droge. Der Gesetzgeber hat diese Regelung eingeführt, um schwerere Strafen für den Besitz größerer Mengen von Drogen zu ermöglichen, da dies oft mit Handel und Vertrieb in Verbindung gebracht wird. Diese Vorschrift war maßgeblich für die Verurteilung des Angeklagten, da er im Besitz einer solchen Menge Kokain war.

§ 27 StGB

Nach § 27 des Strafgesetzbuches (StGB) wird Beihilfe (Unterstützung zur Begehung einer Straftat durch eine andere Person) behandelt. Beihilfe bedeutet, dass jemand einer anderen Person wissentlich und willentlich dabei hilft, eine Straftat zu begehen. Dies kann durch physische Unterstützung oder durch Beratung und Planung geschehen. In diesem Fall wurde dem Angeklagten Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt, da er die Drogen nicht nur für sich selbst besaß, sondern auch den Verkauf unterstützte.

§ 52 StGB

Der § 52 StGB behandelt die sogenannte „Tateinheit“ (mehrere Straftaten werden durch dieselbe Handlung begangen). Wenn eine Handlung mehrere rechtliche Tatbestände erfüllt, spricht man von Tateinheit. In diesem Verfahren bedeutete dies, dass der Angeklagte gleichzeitig wegen unerlaubten Besitzes und Beihilfe zum Handeltreiben verurteilt wurde, da beide Straftaten durch dieselbe Handlung – das Verstecken der Drogen – begangen wurden. Diese gesetzliche Regelung ermöglicht es, komplexe Sachverhalte in einem einheitlichen Strafrahmen zu verurteilen.

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1 StR 146/00 Entscheidungsgrundlagen

Grundsätzliche Auslegung

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Nach dem Betäubungsmittelgesetz (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) ist der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar. Grundsätzlich bedeutet das, dass jede Person, die ohne Erlaubnis eine erhebliche Menge an Drogen besitzt, eine Straftat begeht. Diese Vorschrift zielt darauf ab, den Handel und die Verbreitung von Drogen einzudämmen, indem bereits der Besitz größerer Mengen streng geahndet wird.

§ 27 StGB

Nach dem Strafgesetzbuch (§ 27 StGB) wird Beihilfe zu einer Straftat ebenfalls bestraft. Das bedeutet, wer einem anderen vorsätzlich Hilfe leistet, eine Straftat zu begehen, macht sich strafbar. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Haupttat erfolgreich ausgeführt wurde oder nicht; die bloße Unterstützungshandlung ist ausreichend.

§ 52 StGB

§ 52 StGB behandelt die Tateinheit, also den Fall, dass mehrere Straftaten durch dieselbe Handlung begangen werden. Hierbei wird die schwerste Tat bestraft, um eine gerechte Sanktionierung zu gewährleisten. Dies soll verhindern, dass eine Person für eine einzige Handlung mehrfach bestraft wird, wenn diese mehrere Straftatbestände erfüllt.

Ausnahmsweise Auslegung

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

In Ausnahmefällen kann von der strengen Auslegung des BtMG abgewichen werden. Beispielsweise wenn besondere Umstände vorliegen, die den Besitz in einem anderen Licht erscheinen lassen, etwa wenn der Betroffene die Drogen nicht für den Handel, sondern für den Eigenverbrauch hält. Diese Auslegung erfordert jedoch klare Beweise und wird nur selten angewendet.

§ 27 StGB

Die Beihilfe kann ausnahmsweise milder beurteilt werden, wenn der Gehilfe nur einen untergeordneten Beitrag zur Haupttat geleistet hat. Insbesondere wenn die Unterstützung nicht entscheidend für den Erfolg der Haupttat war, könnte eine mildere Strafe in Betracht gezogen werden. Dies hängt von der konkreten Situation und der Rolle des Gehilfen ab.

§ 52 StGB

Ausnahmsweise kann § 52 StGB auch so ausgelegt werden, dass bei mehreren gleichartigen Handlungen, die in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, eine Gesamtstrafe verhängt wird. Dies soll der gerechten Bestrafung dienen, wenn die Handlungen im Wesentlichen als eine Tat betrachtet werden können.

Angewendete Auslegung

In diesem Fall wurde die grundsätzliche Auslegung der relevanten Gesetzesartikel angewendet. Der Angeklagte wurde des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig befunden. Die Auslegung von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfolgte streng, da der Besitz einer erheblichen Menge festgestellt wurde. Bei § 27 StGB wurde die Beihilfe zum Handeltreiben in Tateinheit gesehen, da der Angeklagte durch das Verstecken der Drogen die Haupttat erleichterte. Die Anwendung von § 52 StGB führte zur Annahme der Tateinheit, da die Handlungen des Angeklagten im engen Zusammenhang standen. Die Beweislage ließ keine Ausnahmeanwendung zu.

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Betäubungsmittelbesitz Lösung

1 StR 146/00 Lösung

Im Fall 1 StR 146/00 hat der Angeklagte die Revision gegen das Urteil verloren. Der Bundesgerichtshof änderte zwar den Schuldspruch, jedoch blieb die Strafe unverändert. Der Versuch, durch Revision ein milderes Urteil zu erlangen, war somit nicht erfolgreich. In solchen Fällen ist es empfehlenswert, vorab eine sorgfältige rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten einer Revision realistisch einzuschätzen. Bei komplexen strafrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere wenn es um Betäubungsmittel geht, ist die Unterstützung durch einen erfahrenen Strafverteidiger ratsam. Eine “Do-it-yourself”-Strategie wäre in diesem Fall weniger geeignet gewesen, da die juristischen Feinheiten und die Beweisführung entscheidend sind.

Ähnliche Fälle Lösungen

Nur Besitz ohne Verkauf

Angenommen, eine Person wird des Besitzes von Betäubungsmitteln beschuldigt, ohne jedoch Verkaufsabsichten. In einem solchen Fall könnte der Fokus auf einer Verteidigungsstrategie liegen, die den reinen Besitz thematisiert. Der Rat eines Anwalts ist hierbei unumgänglich, um zu prüfen, ob eine milde Strafe durch Einsicht und Kooperation mit den Behörden erreicht werden kann.

Verkauf durch Dritte

Stellen Sie sich vor, jemand hat Betäubungsmittel in seiner Wohnung gefunden, die von einem Mitbewohner dort versteckt wurden. Hier könnte es wichtig sein, die eigene Unschuld zu betonen und nachzuweisen, dass keinerlei Beteiligung an einem Verkauf vorliegt. Der Beistand eines Anwalts wäre hier entscheidend, um die eigene Position zu stärken und mögliche Missverständnisse auszuräumen.

Eigennützigkeit fehlt

In einem Szenario, in dem jemand lediglich in das Transportieren von Betäubungsmitteln involviert ist, ohne finanziellen oder persönlichen Nutzen zu ziehen, könnte eine Verteidigung darauf abzielen, die Rolle als unwissentlicher Kurier darzustellen. Eine anwaltliche Beratung wäre auch hier sinnvoll, um die Wahrscheinlichkeit einer milden oder gar ausbleibenden Strafe zu erhöhen.

Mehrere Beteiligte

Wenn mehrere Personen an einem Ort verhaftet werden, an dem Betäubungsmittel gefunden werden, aber die genaue Verantwortlichkeit unklar ist, könnte eine Verteidigungsstrategie darin bestehen, die individuelle Rolle und Unwissenheit zu betonen. Ein Anwalt kann helfen, die eigene Unschuld zu beweisen und die Verantwortlichkeiten klar zu differenzieren.

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FAQ

Was ist unerlaubter Besitz?

Besitz von Betäubungsmitteln ohne behördliche Erlaubnis ist nach dem BtMG strafbar.

Wie wird Beihilfe bestraft?

Beihilfe wird nach dem StGB milder als die Haupttat bestraft, kann aber dennoch erhebliche Strafen nach sich ziehen.

Was bedeutet Tateinheit?

Tateinheit liegt vor, wenn mehrere Straftaten durch dieselbe Handlung begangen werden.

Welche Strafe bei Kokain?

Der unerlaubte Besitz oder Handel mit Kokain in nicht geringer Menge kann zu mehrjährigen Freiheitsstrafen führen.

Wer trägt Gerichtskosten?

In der Regel trägt der Verurteilte die Kosten des Verfahrens.

Was ist BtMG?

Das BtMG ist das Betäubungsmittelgesetz, das den Umgang mit Betäubungsmitteln regelt.

Wie definiert sich Handel?

Handel bedeutet das Anbieten, Verkaufen oder Abgeben von Betäubungsmitteln.

Wann liegt Besitz vor?

Besitz liegt vor, wenn jemand bewusst die tatsächliche Kontrolle über eine Sache hat.

Was ist Verfügungsbefugnis?

Verfügungsbefugnis bedeutet die Möglichkeit, über eine Sache zu bestimmen und sie zu nutzen.

Wie wird Täterschaft bewiesen?

Täterschaft wird durch Beweise der Kontrolle, Planung und Durchführung der Tat nachgewiesen.

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