Hatten Sie schon einmal das Gefühl, Opfer von Unrecht geworden zu sein, weil Sie oder jemand, den Sie kennen, in einer scheinbar aussichtslosen Situation ausgenutzt wurde? Viele Menschen sehen sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, doch zum Glück gibt es ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs, das hier für Klarheit sorgt. Wenn Sie sich in einer solchen Lage befinden, könnte das Urteil 2 StR 379/00 vom 1. Dezember 2000 Ihnen helfen, den richtigen rechtlichen Weg zu finden – ein genauer Blick lohnt sich!
2 StR 379/00 Menschenraub und Freiheitsberaubung
Fallübersicht
Konkrete Situation
In diesem Fall geht es um eine schwere Straftat, bei der die Angeklagten B. und W. beschuldigt wurden, eine Jugendliche entführt und in eine gefährliche Lage gebracht zu haben. Laut den Berichten wurden sie von einem weiteren Angeklagten, S., dazu angestiftet, ein Mädchen für angebliche pornografische Aufnahmen zu entführen. Dabei wurde ihnen vorgespiegelt, dass das Mädchen in einen Harem im Ausland verkauft werden sollte, obwohl S. tatsächlich vorhatte, das Opfer selbst zu missbrauchen und dann freizulassen.
Kläger (Geschädigte)
Die Klägerin in diesem Fall ist die 16-jährige A. D., die unter dem Vorwand, zu einer Party mitgenommen zu werden, in das Auto der Angeklagten gelockt wurde. Sie berichtet, dass sie während der Fahrt angegriffen, gefesselt und geknebelt wurde, was sie in eine äußerst beängstigende und lebensbedrohliche Lage brachte.
Beklagter (Angeklagte B. und W.)
Die Beklagten B. und W. geben an, im Glauben gehandelt zu haben, dass das Opfer in einen Harem verkauft würde und dass sie mit der Durchführung der Entführung lediglich einem Plan folgten, der von S. initiiert wurde. Sie behaupten, sie hätten keine Absicht gehabt, das Opfer ernsthaft zu gefährden, und hätten Maßnahmen ergriffen, um eine Erstickungsgefahr zu vermeiden, indem sie sicherstellten, dass die Nase des Opfers frei blieb.
Urteilsergebnis
Das Gericht hat zugunsten der Angeklagten entschieden, indem es die ursprüngliche Verurteilung wegen Menschenraubs aufhob. Stattdessen wurden die Angeklagten B. und W. der versuchten Freiheitsberaubung von über einer Woche Dauer in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Die ursprünglichen Strafaussprüche wurden aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts verwiesen. Die Beschwerde des Angeklagten S. führte ebenfalls zur Aufhebung des Urteils in bestimmten Punkten, wobei auch hier eine neue Verhandlung angeordnet wurde.
Revision abgelehnt: Streit um zu milde Strafe entfacht (2 StR 434/00) 👆2 StR 379/00 Relevante Rechtsvorschriften
§ 234 Abs. 1 StGB
§ 234 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) behandelt den Menschenraub. Diese Vorschrift sieht vor, dass jemand, der einen Menschen entführt (verschleppt) oder sich seiner bemächtigt, um ihn in eine hilflose Lage zu bringen, mit Freiheitsstrafe bestraft wird. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Angeklagten B. und W. das Opfer in eine lebensgefährliche Lage bringen wollten. Allerdings fehlte es an der erforderlichen Absicht, das Opfer tatsächlich in eine solche Lage zu bringen, wie es der § 234 Abs. 1 StGB verlangt. Die Absicht (zielgerichtetes Wollen) muss darauf gerichtet sein, dass das Opfer konkret an Leib oder Leben gefährdet ist.
§ 239 Abs. 1 StGB
Nach § 239 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer einen anderen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt. Im Urteil wurde festgestellt, dass die Angeklagten B. und W. die Geschädigte durch Fesseln und Knebeln der Freiheit beraubten, was den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt. Die Freiheitsberaubung ist vollendet, wenn das Opfer über einen nicht unerheblichen Zeitraum seiner Bewegungsfreiheit beraubt wird. Im vorliegenden Fall ging es zudem um eine versuchte schwerere Freiheitsberaubung, da die Angeklagten planten, das Opfer über eine Woche lang festzuhalten.
§ 180 Abs. 2 StGB
§ 180 Abs. 2 StGB betrifft die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger gegen Entgelt. Diese Vorschrift bestraft das Einwirken auf Minderjährige, damit diese sexuelle Handlungen gegen Entgelt vornehmen. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass die Angeklagten B. und W. in mehreren Fällen versucht haben, solche Handlungen zu fördern. Eine Vollendung der Taten lag nicht vor, da es nicht zu den sexuellen Handlungen kam, die für die Vollendung des Tatbestandes erforderlich sind. Somit handelte es sich um versuchte Straftaten.
Rechtsanwalt verliert Lizenz wegen Schuldenchaos (AnwZ (B) 57/99) 👆2 StR 379/00 Urteilsgrundlagen
Grundlegende Auslegung
§ 234 Abs. 1 StGB
Nach § 234 Abs. 1 StGB ist es erforderlich, dass der Täter eine Person in der Absicht entführt oder sich ihrer bemächtigt, um sie in eine hilflose Lage zu bringen, die mit einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben verbunden ist. Hierbei muss der Täter die Absicht haben, das Opfer in eine solche Lage zu versetzen, dass es auf fremde Hilfe angewiesen ist. Diese Absicht muss im Sinne eines zielgerichteten Wollens vorhanden sein.
§ 239 Abs. 1 StGB
Gemäß § 239 Abs. 1 StGB liegt eine Freiheitsberaubung vor, wenn eine Person unrechtmäßig eingesperrt oder auf andere Weise ihrer Freiheit beraubt wird. Der Täter muss hierbei bewusst und gewollt die Bewegungsfreiheit des Opfers einschränken.
§ 180 Abs. 2 StGB
§ 180 Abs. 2 StGB sieht vor, dass es strafbar ist, sexuelle Handlungen eines Minderjährigen gegen Entgelt zu fördern. Dafür muss es zur Vornahme der beschriebenen sexuellen Handlungen kommen, damit eine Vollendung der Tat vorliegt.
Ausnahmeauslegung
§ 234 Abs. 1 StGB
In Ausnahmefällen kann der dolus eventualis (bedingter Vorsatz) ausreichen, wenn der Täter die Möglichkeit einer Gefährdung des Opfers erkennt und diese billigend in Kauf nimmt. Wichtig ist hierbei, dass nicht in allen Fällen die Absicht im engeren Sinne erforderlich ist.
§ 239 Abs. 1 StGB
Eine Ausnahmeauslegung könnte hier in der Frage der Dauer der Freiheitsberaubung bestehen. Wenn die Tat auf eine längere Dauer abzielt, wie mehr als eine Woche, könnte dies die Grundlage für eine qualifizierte Freiheitsberaubung nach § 239 Abs. 3 StGB bilden.
§ 180 Abs. 2 StGB
Ein Ausnahmefall könnte vorliegen, wenn die geförderten Handlungen nicht entgeltlich waren, jedoch in die Vorbereitung oder Anbahnung solcher Handlungen eingreifen. Hier könnte das Gericht eher von einem versuchten Delikt ausgehen.
Angewandte Auslegung
In diesem Fall hat das Gericht die Auslegung von § 234 Abs. 1 StGB in einer Weise vorgenommen, die die spezifische Absicht der Angeklagten betont, das Opfer in eine gefährliche Lage zu bringen. Für § 239 Abs. 1 StGB wurde die Tat als vollendet angesehen, da das Opfer tatsächlich seiner Freiheit beraubt wurde. Hinsichtlich § 180 Abs. 2 StGB wurde jedoch nur ein Versuch angenommen, da keine tatsächlichen sexuellen Handlungen gegen Entgelt stattgefunden haben. Diese Entscheidungen basieren darauf, dass der subjektive Tatbestand (innere Einstellung des Täters) und die objektiven Umstände (tatsächliche Tatbegehung) in dieser Weise bewertet wurden.
Verwirrspiel um Mittäterschaft bei Erpressung (2 StR 155/00) 👆Menschenraub Lösungsmethoden
2 StR 379/00 Lösungsmethoden
Im Fall 2 StR 379/00 wurde die Verurteilung der Angeklagten wegen Menschenraubs aufgehoben. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die notwendige Absicht zur hilflosen Aussetzung des Opfers nicht nachgewiesen wurde. Dies zeigt, dass in Fällen von schwerer Freiheitsberaubung oder Menschenraub die genaue Beweisführung und die präzise Anklageformulierung entscheidend sind. Für die Angeklagten wäre es sinnvoll gewesen, von Anfang an einen erfahrenen Strafverteidiger einzuschalten, um die Schwächen in der Anklage aufzudecken und eine erfolgreiche Revision zu ermöglichen. Durch die professionelle Unterstützung konnten sie einen Teil der Urteile erfolgreich anfechten. Im Falle, dass keine rechtlichen Fehler in der Anklage vorgelegen hätten und die Beweislage eindeutig gewesen wäre, wäre eine frühzeitige Einigung oder ein Geständnis eventuell die bessere Strategie gewesen, um das Strafmaß zu reduzieren.
Ähnliche Fälle Lösungsmethoden
Opfer einvernehmliche Entführung
Wenn das Opfer einer vermeintlichen Entführung tatsächlich einer einvernehmlichen Situation zugestimmt hat, wäre eine Klärung der Missverständnisse zwischen den Parteien oft die beste Lösung. In solch einem Fall sollte man gegebenenfalls auf eine Anzeige verzichten und stattdessen versuchen, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären, um unnötige Verfahren zu vermeiden.
Kurzzeitige Freiheitsberaubung
In Fällen, in denen die Freiheitsberaubung nur von kurzer Dauer ist und keine ernsthafte Gefahr für das Opfer besteht, kann eine Anzeige dennoch gerechtfertigt sein, um künftige Vorfälle zu verhindern. Jedoch sollte eine solche Anzeige gut überlegt sein. Hier wäre es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten einer Klage abzuwägen.
Entführung ohne Lösegeldforderung
Bei einer Entführung, bei der keine Lösegeldforderung gestellt wird und das Opfer unbeschadet bleibt, könnte eine Anzeige ebenfalls sinnvoll sein, insbesondere um die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Dennoch sollte die Entscheidung zur Anzeige gut durchdacht werden, möglicherweise in Absprache mit einem Anwalt, um sicherzustellen, dass die rechtlichen Schritte gerechtfertigt sind und die Beweise ausreichen.
Geschädigter als Komplize
Falls sich herausstellt, dass das vermeintliche Opfer in Wirklichkeit als Komplize gehandelt hat, ist eine Strafanzeige gegen das Opfer selbst nicht ausgeschlossen. In solchen Fällen sollte die betroffene Partei die Situation gründlich prüfen und rechtliche Beratung in Anspruch nehmen, um die Rolle des vermeintlichen Opfers eindeutig zu klären und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
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Was ist Menschenraub?
Menschenraub ist die Entführung oder Verschleppung einer Person in der Absicht, sie in eine hilflose Lage zu bringen oder sie auszubeuten. Es handelt sich um ein schweres Verbrechen gemäß § 234 StGB.
Welche Strafen drohen?
Die Strafe für Menschenraub kann bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe betragen. Bei erschwerenden Umständen kann die Strafe auch höher ausfallen.
Was ist Freiheitsberaubung?
Freiheitsberaubung ist das unrechtmäßige Einsperren oder Festhalten einer Person, wodurch ihr die Bewegungsfreiheit genommen wird. Dies ist nach § 239 StGB strafbar.
Wann ist ein Versuch strafbar?
Ein Versuch ist strafbar, wenn der Täter nach seiner Vorstellung zur Tat unmittelbar ansetzt, auch wenn die Tat nicht vollendet wird. Dies ist in § 22 StGB geregelt.
Wie wird eine Vergewaltigung definiert?
Vergewaltigung ist eine sexuelle Handlung, die gegen den Willen einer Person unter Anwendung von Gewalt oder Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben erzwungen wird, gemäß § 177 StGB.
Was bedeutet Tateinheit?
Tateinheit liegt vor, wenn eine Handlung mehrere Straftatbestände gleichzeitig erfüllt. In solchen Fällen wird nur eine Strafe verhängt, jedoch kann diese höher ausfallen.
Wann gilt Geiselnahme?
Geiselnahme liegt vor, wenn eine Person entführt oder festgehalten wird, um einen Dritten zu einer Handlung zu nötigen. Dies ist gemäß § 239b StGB ein Verbrechen.
Was sind sexuelle Handlungen?
Sexuelle Handlungen sind Aktivitäten, die in ihrer Intensität einen Bezug zur Geschlechtlichkeit aufweisen. Sie müssen eine gewisse Erheblichkeit besitzen, um strafrechtlich relevant zu sein.
Wie wird das Strafmaß festgelegt?
Das Strafmaß wird anhand der gesetzlichen Vorgaben, der Schwere der Tat, der Schuld des Täters und möglicher mildernder oder erschwerender Umstände festgelegt.
Welche Rolle spielt Vorsatz?
Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Verwirklichung eines Straftatbestandes. Er ist entscheidend für die Strafbarkeit und kann in verschiedenen Formen, wie direkter oder bedingter Vorsatz, vorliegen.
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