Ehemaliger DDR-Richter kämpft um Anwaltszulassung (AnwZ(B) 43/99)

Haben Sie sich jemals gefragt, ob es möglich ist, nach einem Berufsverbot wieder eine Anstellung zu erhalten? Viele Menschen stehen vor ähnlichen Herausforderungen, wenn frühere Entscheidungen ihre berufliche Zukunft beeinflussen. Glücklicherweise gibt es einen wegweisenden Beschluss des Bundesgerichtshofs, der in solchen Fällen eine mögliche Lösung aufzeigt – lesen Sie weiter, um mehr darüber zu erfahren.

AnwZ (B) 43/99 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Fallübersicht

Konkrete Situation

Ein Diplom-Jurist, der in der ehemaligen DDR als Richter tätig war, begehrt seine erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Nach der Wende wurde ihm seine Zulassung aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in seiner früheren Tätigkeit entzogen. Er argumentiert, dass sich die Umstände seitdem geändert haben und er somit wieder als Anwalt arbeiten sollte.

Kläger (Dipl.-Jurist)

Der Kläger ist ein ehemaliger Richter, der nun wieder als Rechtsanwalt arbeiten möchte. Er ist der Meinung, dass seit der Entziehung seiner Zulassung genügend Zeit vergangen ist, um die Vorwürfe gegen ihn zu relativieren. Zudem betont er, dass er seitdem keine weiteren Verfehlungen begangen hat und somit keine Gefahr für die Integrität des Anwaltsstandes darstellt.

Beklagter (Rechtsanwaltskammer)

Die Rechtsanwaltskammer vertritt die Ansicht, dass der Kläger aufgrund seiner früheren Verfehlungen, insbesondere seiner Rolle in der DDR-Justiz, weiterhin unwürdig sei, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Sie argumentiert, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Anwaltsstand durch eine erneute Zulassung des Klägers gefährdet wäre.

Urteilsergebnis

Der Kläger hat teilweise Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die früheren Verfehlungen des Klägers inzwischen an Gewicht verloren haben. Der Beklagte, die Rechtsanwaltskammer, muss den Antrag des Klägers erneut unter Berücksichtigung der veränderten Umstände prüfen. Gerichtskosten wurden keine erhoben, und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Versuchter Raub unter Drogenentzug: Ein riskantes Spiel (2 StR 4/00) 👆

AnwZ (B) 43/99 Relevante Rechtsvorschriften

§ 7 Nr. 5 BRAO

Gemäß § 7 Nr. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) darf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft versagt werden, wenn der Antragsteller sich als unwürdig erweist, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Unwürdigkeit liegt vor, wenn das Verhalten des Antragstellers das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Anwaltschaft gefährdet. In diesem Fall ging es um frühere schwerwiegende Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit, die der Antragsteller als Richter in der DDR begangen hatte. Diese Vorschrift spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Eignung einer Person für den Anwaltsberuf.

§ 1 Abs. 2 RNPG

Das Rechtsanwaltsneuzulassungsgesetz (RNPG) regelt die Bedingungen, unter denen eine frühere Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurückgenommen werden kann. Gemäß § 1 Abs. 2 RNPG kann eine Zulassung entzogen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zulassung nicht erfüllte oder diese später weggefallen sind. Im vorliegenden Fall wurde die Zulassung des Antragstellers aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Richter im DDR-Regime zurückgenommen, da diese als unvereinbar mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit angesehen wurde.

§ 42 Abs.1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO

Diese Vorschrift der BRAO betrifft die Zulässigkeit von Rechtsmitteln in Verfahren vor den Anwaltsgerichten. § 42 Abs. 1 Nr. 2 erlaubt die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der Anwaltsgerichtshöfe, während § 42 Abs. 4 die Bedingungen für die Durchführung solcher Beschwerdeverfahren festlegt. Im aktuellen Fall war die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs zulässig und führte teilweise zum Erfolg. Diese Regelung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Entscheidungen der Anwaltsgerichte einer Überprüfung unterzogen werden können, wenn es berechtigte Einwände gibt.

Unzulässige Revision: Versuchter Mord im Freundeskreis (2 StR 313/00) 👆

AnwZ (B) 43/99 Entscheidungsgrundlage

Prinzipielle Auslegung

§ 7 Nr. 5 BRAO

Der § 7 Nr. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) besagt, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen ist, wenn der Bewerber als unwürdig angesehen wird. Unwürdigkeit kann vorliegen, wenn das Verhalten des Antragstellers das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Anwaltsstandes gefährdet. Im Allgemeinen ist dies der Fall, wenn schwerwiegende Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit vorliegen.

§ 1 Abs. 2 RNPG

Gemäß § 1 Abs. 2 des Rechtsanwalts- und Notarprüfungsgesetzes (RNPG) kann die Zulassung zur Anwaltschaft entzogen werden, wenn der Antragsteller sich als unwürdig erweist. Diese Bestimmung wird angewendet, um die Integrität des Anwaltsberufs zu schützen, indem Personen, die gravierende berufliche Verfehlungen begangen haben, von der Ausübung des Berufs ausgeschlossen werden.

§ 42 Abs.1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO

Der § 42 Abs.1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO regelt die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen in anwaltlichen Zulassungsverfahren. Diese Vorschrift ermöglicht es, Entscheidungen über die Zulassung oder deren Widerruf gerichtlich überprüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen.

Ausnahmsweise Auslegung

§ 7 Nr. 5 BRAO

In Ausnahmefällen kann der Ablauf einer erheblichen Zeitspanne, in der sich der Bewerber wohlverhalten hat, als Veränderung der Sachlage angesehen werden. Das bedeutet, dass trotz einer früheren Unwürdigkeit die Möglichkeit einer Wiederzulassung besteht, wenn das vergangene Fehlverhalten durch langjähriges korrektes Verhalten an Bedeutung verliert.

§ 1 Abs. 2 RNPG

Die Entziehung der Anwaltszulassung nach § 1 Abs. 2 RNPG kann in Ausnahmefällen revidiert werden, wenn neue wesentliche Tatsachen vorliegen, die eine Neubewertung der Unwürdigkeit erlauben. Ein solcher Fall könnte eintreten, wenn der Bewerber nachweislich sein Verhalten geändert hat und keine weiteren Verfehlungen vorliegen.

§ 42 Abs.1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO

Der § 42 Abs.1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO erlaubt es auch in Ausnahmefällen, dass Entscheidungen über die Zulassung zur Anwaltschaft neu bewertet werden, wenn sich die zugrunde liegenden Umstände erheblich geändert haben. Eine solche Neubewertung kann erfolgen, um der veränderten Sachlage Rechnung zu tragen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Angewandte Auslegung

In diesem speziellen Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 7 Nr. 5 BRAO gerechtfertigt ist. Obwohl der Antragsteller in der Vergangenheit schwerwiegende Verstöße begangen hatte, wurde seine Wiedereingliederung in die Anwaltschaft als vertretbar angesehen, da eine erhebliche Zeitspanne verstrichen ist und er sich in dieser Zeit nichts mehr zuschulden kommen ließ. Diese Entscheidung basiert auf der Überlegung, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit nicht mehr entscheidend gefährdet ist und der Antragsteller eine zweite Chance verdient.

Ein Mädchen auf einer Party gekidnappt und gefesselt (2 StR 379/00) 👆

Zulassung Rechtsanwaltschaft Lösung

AnwZ (B) 43/99 Lösung

In diesem Fall hat der Antragsteller erfolgreich gegen die Entscheidung der Anwaltskammer geklagt, die ihm die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verwehrt hatte. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die frühere rechtskräftige Entscheidung, die aufgrund der Unwürdigkeit des Antragstellers getroffen wurde, einer erneuten Zulassung nicht entgegensteht. Der entscheidende Punkt war der Zeitablauf und das Wohlverhalten des Antragstellers seit der letzten Entscheidung. In solchen Fällen zeigt sich, dass eine gerichtliche Überprüfung sinnvoll sein kann, insbesondere wenn sich die Umstände im Laufe der Zeit ändern. Angesichts der Komplexität und des finanziellen Wertes des Verfahrens war die Beauftragung eines Anwalts hier sinnvoll, um die rechtlichen Argumente effektiv zu präsentieren.

Ähnliche Fälle Lösung

Kläger ohne vorherige Unwürdigkeit

Wenn ein Kläger zuvor nicht als unwürdig galt und dennoch die Zulassung verweigert wurde, könnte eine außergerichtliche Einigung mit der Anwaltskammer sinnvoll sein. Dies könnte schneller und kostengünstiger sein, als ein gerichtliches Verfahren.

Längere Wohlverhaltenzeit

Bei einer noch längeren Wohlverhaltenzeit als im vorliegenden Fall, könnte es ratsam sein, zunächst einen informellen Antrag auf Wiederzulassung zu stellen. Sollte dieser abgelehnt werden, kann eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung in Erwägung gezogen werden.

Keine Beteiligung des MfS

Hat der Antragsteller keine Verbindung zum MfS, sollte er bei einer Verweigerung durch die Anwaltskammer auf einer detaillierten Begründung bestehen und gegebenenfalls rechtliche Schritte in Betracht ziehen. Ein Anwalt kann hier helfen, die Erfolgsaussichten besser einzuschätzen.

Jüngerer Kläger ohne Vorstrafen

Ein jüngerer Kläger ohne Vorstrafen sollte bei einer Ablehnung der Zulassung zunächst versuchen, die Gründe in einem persönlichen Gespräch mit der Kammer zu klären. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, kann ein gerichtliches Verfahren angestrebt werden, wobei die Unterstützung durch einen Anwalt vorteilhaft sein kann.

Revision abgelehnt: Streit um zu milde Strafe entfacht (2 StR 434/00) 👆

FAQ

Wer ist der Antragsteller?

Der Antragsteller ist ein ehemaliger Richter in der DDR, der als Rechtsanwalt zugelassen werden möchte.

Welche Rolle spielt die BRAO?

Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) regelt die Voraussetzungen und Versagungsgründe für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.

Was ist RNPG?

RNPG steht für das Rechtsanwalts- und Notarprüfungsgesetz, das spezielle Regelungen für die Rechtsanwaltszulassung enthält.

Wie beeinflusst das Urteil die Zulassung?

Das Urteil hebt die vorherige Ablehnung der Zulassung auf, da der Versagungsgrund nicht mehr besteht.

Welche Ausnahmen gibt es?

Eine Ausnahme liegt vor, wenn sich die Sachlage durch Zeitablauf oder Wohlverhalten des Antragstellers verändert hat.

Wann ist eine Wiederzulassung möglich?

Eine Wiederzulassung ist möglich, wenn der Antragsteller nicht mehr als unwürdig gilt und eine wesentliche Zeitspanne verstrichen ist.

Was bedeutet Unwürdigkeit?

Unwürdigkeit bedeutet, dass das Verhalten des Antragstellers das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Anwaltschaft gefährdet.

Wie wird die Integrität bewertet?

Die Integrität wird anhand des Verhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit und seines aktuellen Wohlverhaltens bewertet.

Welche Fristen sind zu beachten?

Ein zeitlicher Abstand von mindestens drei Jahren seit der letzten Entscheidung ist erforderlich, um eine neue Bewertung vorzunehmen.

Wie beeinflusst das Alter die Entscheidung?

Das Alter des Antragstellers kann die Entscheidung beeinflussen, da eine längere Wartezeit die berufliche Wiedereingliederung erschweren kann.

Versuchter Raub unter Drogenentzug: Ein riskantes Spiel (2 StR 4/00)

Rechtsanwalt verliert Lizenz wegen Schuldenchaos (AnwZ (B) 57/99) 👆
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments