Rechtsanwalt und Notar verstrickt in gefälschte Urkunden (1 StR 600/99)

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob ein Notar oder Anwalt in seinem Amt falsche Urkunden ausgestellt hat? Viele Menschen haben mit der Unsicherheit zu kämpfen, ob die ihnen vorgelegten Dokumente wirklich korrekt sind. Zum Glück gibt es ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs, das in solchen Fällen Klarheit schaffen kann – lesen Sie weiter, um herauszufinden, wie es Ihnen helfen könnte.

1 StR 600/99: Falschbeurkundung im Amt

Fallübersicht

Konkrete Situation

Ein Rechtsanwalt, der zuvor als Notar tätig war, geriet in einen Rechtsstreit, weil er in 27 Fällen der Falschbeurkundung im Amt beschuldigt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, in seiner Funktion als Notar amtliche Dokumente falsch beurkundet zu haben. Diese falschen Beurkundungen standen in Verbindung mit dem Erwerb konkursreifer Unternehmen durch Dritte, die diese Unternehmen weiterverkauften und dabei noch vorhandene Vermögenswerte abzogen. Der Beklagte soll in Kenntnis der betrügerischen Hintergründe an diesen Geschäften mitgewirkt haben.

Kläger (Staatsanwaltschaft)

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beklagten vor, in seiner Rolle als Notar absichtlich falsche Angaben in amtlichen Dokumenten gemacht zu haben, um betrügerische Machenschaften zu unterstützen. Sie argumentiert, dass der Beklagte durch seine Handlungen den öffentlichen Glauben an die Richtigkeit dieser Dokumente missbraucht habe, was eine klare Verletzung seiner Amtspflichten darstelle.

Beklagter (Rechtsanwalt und früherer Notar)

Der Beklagte, ein ehemaliger Notar, bestreitet die Vorwürfe und behauptet, er habe in gutem Glauben gehandelt. Er gibt an, dass er keine Kenntnis von den betrügerischen Absichten der anderen Beteiligten hatte und lediglich seine notarielle Pflicht erfüllte, die Erklärungen der Beteiligten zu beurkunden. Er sieht sich als Opfer einer missverständlichen Situation und betont, dass er keine unrechtmäßige Bereicherung angestrebt habe.

Urteilsergebnis

Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Fall gewonnen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Beklagte in den meisten Fällen der Falschbeurkundung im Amt schuldig ist. Die Verurteilung in bestimmten Fällen entfällt jedoch, da die Beweislage dort nicht ausreichte. Der Beklagte muss die Kosten seines Rechtsmittels tragen und wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Rechtsanwältin kämpft um ihre Zulassung trotz Vermögensverfall (AnwZ(B) 15/99) 👆

1 StR 600/99: Relevante Gesetzesartikel

§ 348 Abs. 1 StGB

Dieser Paragraph betrifft die Falschbeurkundung im Amt, eine Straftat, die insbesondere von Amtsträgern begangen wird, wenn sie in öffentlichen Urkunden falsche Angaben machen. Ein Notar kann beispielsweise belangt werden, wenn er wissentlich falsche Angaben in einer Urkunde beurkundet. Die Besonderheit liegt darin, dass es nicht um die inhaltliche Richtigkeit der beurkundeten Erklärung geht, sondern darum, dass die Erklärung überhaupt nicht abgegeben wurde. In unserem Fall wurde die Verurteilung des Angeklagten in einigen Fällen aufgehoben, weil die erforderlichen Umstände für eine Falschbeurkundung nicht ausreichend nachgewiesen wurden.

§ 263 StGB

Dieser Paragraph behandelt den Betrug, der vorliegt, wenn jemand durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, wodurch dieser oder ein Dritter einen Vermögensschaden erleidet. In dem besprochenen Fall ging es um die Unterstützung von Dritten durch den Angeklagten bei betrügerischen Handlungen. Der Notar half dabei, die Vermögenswerte von konkursreifen Unternehmen zu veräußern, wobei die Käufer oft junge und unerfahrene Personen waren, die sich der Tragweite des Geschäfts nicht bewusst waren.

§ 266 StGB

Untreue beschreibt das vorsätzliche Zufügen eines Vermögensnachteils durch Missbrauch einer anvertrauten Befugnis oder durch Verletzung einer Pflicht. Der Angeklagte wurde in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue verurteilt, da er die Haupttäter bei ihren unlauteren Aktivitäten unterstützte. Hierbei spielte auch seine Rolle als Notar eine entscheidende Rolle, da er durch seine Amtshandlungen den Anschein eines rechtmäßigen Geschäfts erzeugte, obwohl er um die betrügerischen Absichten wusste.

Eltern unter Verdacht: Wer schützt die Kinder wirklich (1 StR 666/99) 👆

1 StR 600/99: Urteilsgrundlagen

Grundlegende Auslegung

§ 348 Abs. 1 StGB

Die grundlegende Auslegung von § 348 Abs. 1 StGB (Strafgesetzbuch) bezieht sich auf die Falschbeurkundung im Amt. Diese Norm besagt, dass ein Amtsträger, der in Ausübung seines Amtes unwahre Tatsachen beurkundet, strafbar ist. Das bedeutet, dass ein Notar oder Beamter, der absichtlich falsche Angaben in einer offiziellen Urkunde macht, gegen das Gesetz verstößt.

§ 263 StGB

§ 263 StGB behandelt den Betrug. Grundsätzlich wird darunter verstanden, dass jemand durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen anderen täuscht, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei muss ein Schaden beim Getäuschten entstehen, was das zentrale Element dieser Straftat ist.

§ 266 StGB

Unter § 266 StGB fällt die Untreue. Diese Norm wird angewendet, wenn jemand die ihm anvertrauten Vermögensinteressen eines anderen schädigt. Es handelt sich um eine Missbrauchshandlung, bei der der Täter seine Befugnisse überschreitet oder seine Pflichten verletzt, um einen Vermögensschaden zu verursachen.

Ausnahmeauslegung

§ 348 Abs. 1 StGB

Die Ausnahmeauslegung von § 348 Abs. 1 StGB könnte in Fällen erfolgen, in denen der Amtsträger zwar unwahre Tatsachen beurkundet, aber aufgrund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums handelt. Dieser Irrtum muss unvermeidbar sein, das heißt, der Amtsträger konnte den Irrtum auch durch sorgfältige Prüfung nicht erkennen.

§ 263 StGB

Eine Ausnahmeauslegung von § 263 StGB könnte greifen, wenn der Täter zwar täuscht, jedoch keine Schädigungsabsicht hat oder der Getäuschte letztlich keinen Schaden erleidet. Dies könnte beispielsweise in Fällen vorliegen, in denen der vermeintliche Vorteil lediglich vorübergehend ist oder der Getäuschte den Schaden schnell und vollständig ersetzt bekommt.

§ 266 StGB

Bei § 266 StGB könnte eine Ausnahmeauslegung in Betracht kommen, wenn der Täter im Glauben handelt, im besten Interesse des Vermögensinhabers zu handeln, ohne dabei einen persönlichen Vorteil zu suchen. Hierbei kommt es auf die subjektive Sichtweise und die erkennbaren Umstände an.

Angewandte Auslegung

In der vorliegenden Entscheidung wurde § 348 Abs. 1 StGB in seiner grundlegenden Auslegung angewandt, da der Angeklagte als Notar falsche Beurkundungen vornahm. Die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale war klar gegeben, da der öffentliche Glaube durch die unwahren Beurkundungen missbraucht wurde. Bei § 263 und § 266 StGB war ebenfalls die grundlegende Auslegung maßgeblich, da der Angeklagte durch seine Handlungen die Haupttaten der Untreue und des Betrugs unterstützte, was die Schädigung der Vermögensinteressen Dritter zur Folge hatte.

Bestechung auf der Baustelle: Geheime Bieterliste enthüllt (1 StR 605/99) 👆

Falschbeurkundung im Amt: Lösungsansätze

1 StR 600/99: Lösungsmethode

Im Fall 1 StR 600/99 wurde die Revision des Angeklagten in Bezug auf einige Anklagepunkte erfolgreich, was zeigt, dass die Anfechtung eines Urteils eine wirksame Methode sein kann, um unbegründete Verurteilungen anzufechten. Der Angeklagte wurde teilweise entlastet, da die Beweise für die Falschbeurkundung im Amt in bestimmten Fällen nicht ausreichend waren. Dies unterstreicht, dass eine sorgfältige Prüfung der Beweislage entscheidend ist. In solch komplexen Fällen ist es ratsam, einen erfahrenen Strafverteidiger zu konsultieren, um die Erfolgschancen einer Revision abzuwägen. Ein ‘Do-it-yourself’-Ansatz wäre hier weniger geeignet, da juristische Expertise und Kenntnisse über die Feinheiten des Strafrechts erforderlich sind.

Ähnliche Fälle und Lösungen

Falsche Angaben ohne böse Absicht

Stellen Sie sich vor, ein Notar macht versehentlich eine falsche Angabe in einer Urkunde, ohne betrügerische Absicht. In diesem Fall wäre es ratsam, den Fehler sofort zu korrigieren und die Parteien darüber zu informieren. Eine gerichtliche Auseinandersetzung könnte vermieden werden, indem man sich auf eine Korrektur der Urkunde einigt, eventuell mit Unterstützung eines Anwalts.

Fehlerhafte Notarurkunden durch Versehen

Ein Notar stellt fest, dass er bei der Beurkundung einen Schreibfehler gemacht hat, der die Bedeutung des Dokuments verändert. Hier wäre es am besten, den Fehler so schnell wie möglich zu beheben, indem eine Berichtigung durchgeführt wird. Sollte der Fehler zu einem Streit führen, könnte eine Mediation helfen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Ein Anwalt kann dabei unterstützen, um sicherzustellen, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind.

Unzureichende Deutschkenntnisse der Parteien

Bei einem Geschäft zwischen Parteien, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, kann es zu Missverständnissen kommen. In solchen Fällen sollte ein Dolmetscher hinzugezogen werden, um sicherzustellen, dass alle Parteien den Inhalt der Urkunden vollständig verstehen. Sollte es dennoch zu einem Streit kommen, könnte eine einvernehmliche Lösung durch eine Mediation in Betracht gezogen werden, um hohe Prozesskosten zu vermeiden.

Nutzung gefälschter Dokumente durch Dritte

Wenn ein Dritter gefälschte Dokumente verwendet, um einen Vertrag abzuschließen, ist dies eine schwerwiegende Angelegenheit. In diesem Fall sollte eine Strafanzeige gestellt werden. Parallel dazu wäre es sinnvoll, einen Anwalt einzuschalten, um zivilrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Ein gerichtliches Verfahren wäre hier oft unvermeidlich, um die Rechtslage zu klären und Schadenersatz zu fordern.

Pflegeeltern verbergen Misshandlungen bis zum tragischen Ende (1 StR 675/99) 👆

FAQ

Was versteht man unter Falschbeurkundung?

Falschbeurkundung liegt vor, wenn eine öffentliche Urkunde über Tatsachen erstellt wird, die nicht wahr sind.

Welche Strafe droht bei Falschbeurkundung?

Bei Falschbeurkundung im Amt droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Wie kann man sich gegen falsche Anschuldigungen wehren?

Man kann gegen falsche Anschuldigungen mit einem Anwalt vorgehen und gegebenenfalls Revision einlegen.

Welche Rolle spielt der Wohnsitz in Urkunden?

Der Wohnsitz ist eine zwingend anzugebende Information, die der Beweiskraft der Urkunde unterliegt.

Wann ist eine Urkunde öffentlich?

Eine Urkunde ist öffentlich, wenn sie von einer dazu befugten Behörde oder Person erstellt wurde.

Welche Aufgaben hat ein Notar?

Ein Notar beurkundet Rechtsgeschäfte, beglaubigt Unterschriften und berät in rechtlichen Angelegenheiten.

Was passiert bei einer erfolgreichen Revision?

Bei einer erfolgreichen Revision kann das Urteil aufgehoben oder abgeändert werden.

Welche Bedeutung hat eine Gesamtfreiheitsstrafe?

Eine Gesamtfreiheitsstrafe fasst mehrere Einzelstrafen zu einer einzigen Strafe zusammen.

Wie wird eine Strafe gemildert?

Eine Strafe kann durch Geständnis, geringere Schuld oder besondere Umstände gemildert werden.

Was ist eine Verfahrensrüge?

Eine Verfahrensrüge beanstandet einen Verfahrensfehler, der das Urteil beeinflusst haben könnte.

Rechtsanwältin kämpft um ihre Zulassung trotz Vermögensverfall (AnwZ(B) 15/99)

Verteidiger oder Verharmloser? Ein brisanter Beweisantrag (1 StR 502/99) 👆
0 0 votes
Article Rating
Subscribe
Notify of
guest
0 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments