Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Sie für die Kosten eines Gerichtsverfahrens aufkommen müssen, auch wenn es teilweise erfolgreich war? Viele Menschen stehen vor der Herausforderung, die finanziellen Folgen eines Rechtsstreits zu verstehen. In einem wegweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs (1 StR 80/00) wurde klargestellt, unter welchen Bedingungen die Kostenbeteiligung erfolgen muss – ein wertvoller Leitfaden, den Sie unbedingt beachten sollten, wenn Sie in einer ähnlichen Situation sind.
1 StR 80/00 Exhibitionistische Handlungen
Fallübersicht
Konkrete Situation
In diesem Fall wurde der Angeklagte wegen exhibitionistischer Handlungen verurteilt. Zuvor war er bereits vom Amtsgericht – Jugendrichter – verurteilt worden. Der Angeklagte legte Berufung ein, woraufhin die kleine Jugendkammer des Landgerichts den Schuldspruch aufgrund einer anderen Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses abänderte. Zudem ordnete sie die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein.
Kläger (Angeklagter): Verurteilter
Der Angeklagte, der in diesem Fall als Kläger auftritt, möchte die Entscheidung des Landgerichts anfechten. Er argumentiert, dass die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht rechtmäßig war, da die kleine Jugendkammer ihre Zuständigkeit überschritten habe.
Beklagter (Landgericht): Gericht der Vorinstanz
Das Landgericht Weiden in der Oberpfalz, als Beklagter, verteidigt seine Entscheidung und hält daran fest, dass die Verurteilung des Angeklagten wegen exhibitionistischer Handlungen gerechtfertigt ist. Die Anordnung der Unterbringung sei eine notwendige Maßnahme gewesen, um den Angeklagten angemessen zu behandeln.
Urteilsergebnis
Der Angeklagte hat den Fall verloren. Das Gericht entschied, dass die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Kostenausspruch des Urteils des Landgerichts Weiden in der Oberpfalz unbegründet ist. Der Angeklagte muss die Kosten des Rechtsmittels tragen. Allerdings wurde entschieden, dass die Gebühr für das Revisionsverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht nicht erhoben wird. Zudem wurden der Staatskasse die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten im ersten Revisionsverfahren auferlegt.
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§ 465 Abs. 1 StPO
Gemäß § 465 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) trägt der Angeklagte die Kosten des Verfahrens, wenn er verurteilt wird. Dies bedeutet, dass alle mit dem Verfahren verbundenen Kosten, wie Gerichtskosten und notwendige Auslagen, vom Angeklagten übernommen werden müssen, falls das Gericht eine Verurteilung ausspricht. In diesem Fall wurde der Angeklagte wegen exhibitionistischer Handlungen verurteilt, weshalb ihm die Verfahrenskosten auferlegt wurden.
§ 473 Abs. 1 StPO
Der § 473 Abs. 1 StPO besagt, dass der Angeklagte auch die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat. Wenn der Angeklagte also Berufung oder Revision einlegt und diese keinen Erfolg hat, bleiben die Kosten des Verfahrens ebenfalls bei ihm. In diesem Fall war die Berufung des Angeklagten ohne Erfolg, weshalb die Kostenentscheidung zu seinen Lasten ging.
§ 473 Abs. 4 StPO
Der § 473 Abs. 4 StPO sieht vor, dass die Staatskasse einen Teil der notwendigen Auslagen des Angeklagten übernehmen kann, wenn das Rechtsmittel teilweise erfolgreich war. In diesem Fall hatte die Revision des Angeklagten bezüglich der Maßregelaussprüche teilweise Erfolg, weshalb das Landgericht entschied, dass die Staatskasse die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten übernimmt.
§ 8 Abs. 1 GKG
Nach § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) können Gebühren und Auslagen erlassen werden, wenn eine unrichtige Sachbehandlung vorliegt. In diesem Verfahren wurde auf die Erhebung der Revisionsgebühr verzichtet, da das Berufungsgericht seine Rechtsfolgenkompetenz überschritten hatte. Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass Gerichte innerhalb ihrer Kompetenzen handeln, um unnötige Kosten für die Beteiligten zu vermeiden.
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Grundsätzliche Auslegung
§ 465 Abs. 1 StPO
Nach § 465 Abs. 1 StPO trägt der Verurteilte die Kosten des Verfahrens, wenn er wegen der angeklagten Taten verurteilt wird. Dies bedeutet, dass die finanziellen Lasten des Verfahrens, einschließlich der Gerichtskosten und der notwendigen Auslagen, dem Angeklagten auferlegt werden, sofern er schuldig gesprochen wird.
§ 473 Abs. 1 StPO
§ 473 Abs. 1 StPO besagt, dass der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat, wenn seine Berufung oder Revision ohne Erfolg bleibt. Dies bedeutet, dass die Kosten der rechtlichen Überprüfung ihm zur Last gelegt werden, wenn diese nicht zu seinen Gunsten entschieden wird.
§ 473 Abs. 4 StPO
Nach § 473 Abs. 4 StPO können die notwendigen Auslagen eines Angeklagten im Erfolgsfall teilweise oder vollständig der Staatskasse auferlegt werden, wenn das Rechtsmittel teilweise erfolgreich ist. Dies erlaubt eine Entlastung des Angeklagten in finanzieller Hinsicht, wenn er zumindest teilweise Recht bekommt.
§ 8 Abs. 1 GKG
§ 8 Abs. 1 GKG sieht vor, dass Gebühren und Auslagen bei unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht nicht erhoben werden. Das bedeutet, wenn das Gericht einen Fehler gemacht hat, können die dadurch entstandenen Kosten dem Angeklagten erspart bleiben.
Ausnahmsweise Auslegung
§ 465 Abs. 1 StPO
Eine Ausnahme von der Regel des § 465 Abs. 1 StPO könnte dann vorliegen, wenn der Angeklagte trotz Schuldsprechung in einem wesentlichen Punkt des Verfahrens erfolgreich war, was hier jedoch nicht der Fall ist.
§ 473 Abs. 1 StPO
Auch bei § 473 Abs. 1 StPO könnte eine Ausnahme gemacht werden, wenn das Rechtsmittel des Angeklagten aus einem erheblichen Grund teilweise erfolgreich wäre, was hier nicht zutrifft.
§ 473 Abs. 4 StPO
§ 473 Abs. 4 StPO ermöglicht es, dass die Staatskasse einen Teil der Auslagen des Angeklagten trägt, wenn das Rechtsmittel teilweise erfolgreich ist. Diese Ausnahme wurde hier angewendet, indem die Hälfte der notwendigen Auslagen im ersten Revisionsverfahren der Staatskasse auferlegt wurde.
§ 8 Abs. 1 GKG
Die Ausnahme nach § 8 Abs. 1 GKG greift, wenn das Gericht einen Verfahrensfehler gemacht hat. Hier wurde entschieden, dass die Revisionsgebühr nicht erhoben wird, da das Berufungsgericht seine Kompetenzen überschritten hatte.
Angewandte Auslegung
In diesem Fall wurden die relevanten Gesetzesbestimmungen sowohl auf ihre grundsätzliche als auch auf die ausnahmsweise Auslegung geprüft. Die angewandte Auslegung orientierte sich an der ausnahmsweisen Auslegung, insbesondere bezüglich § 473 Abs. 4 StPO und § 8 Abs. 1 GKG. Der Angeklagte profitierte von der Entlastung seiner notwendigen Auslagen im Revisionsverfahren, da das Berufungsgericht seine Rechtsfolgenkompetenz überschritten hatte.
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1 StR 80/00 Lösung
In diesem Fall hat der Angeklagte die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts verloren. Die Entscheidung zeigt, dass das Gericht seine Ermessensspielräume bei der Kostenverteilung korrekt genutzt hat. Hätte der Angeklagte auf eine andere Strategie gesetzt, etwa durch frühzeitige Anerkennung der Rechtsfolgenkompetenzüberschreitung, hätte er möglicherweise von einer günstigeren Kostenregelung profitieren können. Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass bei klarer Schuld die Chancen auf einen erfolgreichen Kostenwiderspruch gering sind. Eine anwaltliche Beratung wäre in diesem Fall von Vorteil gewesen, um die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen zu können.
Ähnliche Fälle Lösung
Kostenaufteilung bei Teilerfolg
Stellen Sie sich vor, der Angeklagte hätte in einem ähnlich gelagerten Fall nur einen geringen Teilerfolg erzielt, etwa durch die Anfechtung eines einzelnen Aspekts der Entscheidung. In solchen Situationen wäre es ratsam, vor der Einlegung einer Beschwerde die Erfolgsaussichten genau abzuwägen. Eine vorherige Konsultation mit einem Anwalt könnte helfen, unnötige Kosten zu vermeiden.
Unrichtige Sachbehandlung
Angenommen, es läge eine offensichtliche Fehlentscheidung des Gerichts vor, die zur Aufhebung eines Urteils führen könnte. In diesem Fall wäre der Weg über eine Beschwerde oder Revision sinnvoll. Hierbei ist es wichtig, die unrichtige Sachbehandlung klar zu benennen und zu belegen. Eine professionelle rechtliche Unterstützung kann dabei entscheidend sein.
Revisionskosten ohne Quotelung
In einem Szenario, in dem die Revision des Angeklagten vollständig erfolgreich wäre, könnte die Nichterhebung der Revisionskosten in Frage kommen. Hier wäre es sinnvoll, die Kostenentscheidung bereits in der Revisionsschrift zu thematisieren und gegebenenfalls auf eine vollständige Kostenübernahme durch die Staatskasse zu drängen.
Rechtsmittel bei Kostenfragen
Wenn der Schwerpunkt eines Falles auf der Anfechtung der Kostenentscheidung liegt, lohnt sich eine genaue Prüfung der rechtlichen Grundlagen. Oftmals sind solche Verfahren komplex und erfordern eine detaillierte Kenntnis der Rechtsprechung. Hier wäre der Rat eines spezialisierten Anwalts besonders wertvoll, um die Erfolgsaussichten realistisch zu beurteilen und unnötige Rechtsmittel zu vermeiden.
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Was ist exhibitionistische Handlung
Eine exhibitionistische Handlung ist eine Straftat, bei der sich eine Person in schamverletzender Weise entblößt, um bei anderen eine sexuelle Reaktion hervorzurufen.
Wer trägt Verfahrenskosten
In der Regel trägt der Verurteilte die Kosten des Verfahrens, es sei denn, es gibt besondere Gründe, die eine andere Kostenverteilung rechtfertigen.
Was ist eine sofortige Beschwerde
Eine sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel, das gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen eingelegt werden kann, um deren Überprüfung zu erwirken.
Was bedeutet Rechtsfolgenkompetenz
Rechtsfolgenkompetenz bezeichnet die Befugnis eines Gerichts, bestimmte rechtliche Maßnahmen oder Sanktionen anzuordnen.
Wann ist Quotelung notwendig
Eine Quotelung ist notwendig, wenn die Kosten eines Verfahrens auf mehrere Parteien entsprechend ihrem Anteil am Verfahrenserfolg verteilt werden sollen.
Wie wirkt sich unrichtige Sachbehandlung aus
Bei unrichtiger Sachbehandlung kann die Erhebung von Gebühren und Auslagen entfallen, um die betroffene Partei zu entlasten.
Was ist § 465 StPO
§ 465 StPO regelt die Verpflichtung des Verurteilten, die Kosten des Strafverfahrens zu tragen.
Was ist § 473 StPO
§ 473 StPO behandelt die Kostenentscheidung bei Rechtsmitteln im Strafverfahren, insbesondere bei erfolglosen oder erfolgreichen Beschwerden.
Was ist § 8 GKG
§ 8 GKG regelt die Nichterhebung von Gebühren in Fällen unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht.
Welche Rolle spielt das Landgericht
Das Landgericht ist eine zentrale Instanz im deutschen Justizsystem, das sowohl in erster als auch in zweiter Instanz über Strafsachen entscheiden kann.
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