Reklamation nach Defekt Gutschein – genau darum drehte sich die Frage einer Nutzerin, deren teure Actioncam nach 1,5 Jahren kaputtging. Der Händler bot einen Gutschein an – doch muss man das annehmen? Die Antwort ist komplexer, als viele denken.
Gewährleistungsrecht nach BGB verstehen
Wenn ein Produkt innerhalb von zwei Jahren kaputt geht, denken viele automatisch an einen Anspruch auf Ersatz oder Rückerstattung. Doch so einfach ist es nicht, wie ein Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch zeigt.
Zwei Jahre gesetzliche Gewährleistung
Laut § 437 BGB haben Käufer bei einem Sachmangel Anspruch auf Nacherfüllung, Rücktritt oder Minderung sowie Schadensersatz. Diese Rechte gelten zwei Jahre ab Übergabe (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Doch Vorsicht: Entscheidend ist, ob der Mangel bereits beim Kauf bestand – das muss nach Ablauf von zwölf Monaten der Käufer beweisen (§ 477 Abs. 1 BGB).
Beweislast nach zwölf Monaten
Und genau hier wird es kompliziert. Tritt der Defekt, wie bei der Actioncam, erst nach 1,5 Jahren auf, liegt die Beweislast beim Käufer. Man muss nachweisen, dass der Fehler schon beim Kauf vorlag – was in der Praxis fast unmöglich ist. Deshalb entscheiden sich viele Händler, freiwillig eine Kulanzlösung anzubieten – zum Beispiel in Form eines Gutscheins.
Privater Autoverkauf Rückgabe rechtlich erklärt 👆Was Käufer bei Gutscheinen beachten müssen
Ein Gutschein wirkt auf den ersten Blick kulant – ist aber nicht immer im Sinne der Käufer. Trotzdem ist es in vielen Fällen die einzige realistische Option.
Gutschein statt Rückzahlung
Wenn der Defekt außerhalb der Beweislastvermutung auftritt, wie hier nach 18 Monaten, ist der Händler rechtlich nicht zur Rückzahlung verpflichtet. Ein Gutschein kann also ein freiwilliges Entgegenkommen sein – aber auch eine Art Kompromiss, um teure Prozesse zu vermeiden. Käufer haben in dieser Situation keinen festen Anspruch auf Bargeld oder ein neues Gerät.
Ausnahme: Fehler eindeutig nachweisbar
Nur wenn es gelingt, den Mangel mit einem Gutachten oder eindeutigen Belegen auf den Kaufzeitpunkt zurückzuführen, kann man auf Ersatz oder Rückzahlung bestehen. In der Praxis scheitert das jedoch häufig an der Beweisführung. Besonders bei elektronischen Geräten, die im Urlaub oder unter Wasser verwendet wurden, ist die Lage noch schwieriger.
Fernseher defekt Gewährleistung Nachbesserung möglich? 👆Händler-Kulanz als Lösung annehmen?
Im geschilderten Fall endete alles überraschend positiv – der Händler zahlte letztlich den vollen Kaufpreis zurück. Doch darauf kann man sich nicht verlassen.
Kulanzlösung statt rechtlicher Streit
Oft entscheiden sich Händler aus Kulanz für eine Rückerstattung, besonders bei hochpreisigen Produkten mit geringem Verschleiß. Das geschieht allerdings freiwillig. Ein gesetzlicher Anspruch besteht bei der Reklamation nach Defekt mit Gutschein nur dann, wenn der Gewährleistungsfall klar bewiesen werden kann – und das ist selten.
Individuelle Nutzung spielt eine Rolle
Im Beispiel betonte die Kundin, dass das Gerät nur wenige Male und stets sachgemäß genutzt wurde. Auch das kann Einfluss haben – ein höflicher Ton und nachvollziehbare Nutzungsschilderung bewegen manche Verkäufer zur Rückerstattung. Das ist kein Muss – aber in der Praxis oft entscheidend.