Viele Menschen stehen vor rechtlichen Fragen, wenn es um den Vertrieb von apothekenpflichtigen Medikamenten über Online-Plattformen geht. Möchten Sie wissen, wie Gerichte in solchen komplexen Fällen entscheiden? Werfen wir einen Blick auf ein repräsentatives Urteil des Bundesgerichtshofs!
Aktenzeichen Situation
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall geht es um den Verkauf von apothekenpflichtigen Arzneimitteln durch einen Apotheker über die Internet-Plattform Amazon-Marketplace. Der Kläger, ein Apotheker aus M., verklagte den Beklagten, einen ebenfalls in der Apotheke tätigen Apotheker aus O. B., da dieser über Amazon apothekenpflichtige Medikamente verkaufte. Der Kläger war der Ansicht, dass der Beklagte dabei gegen Datenschutzbestimmungen verstoße, da die Einwilligung der Kunden zur Erhebung und Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten nicht ordnungsgemäß eingeholt würde, wie es Art. 9 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) verlangt. Der Kläger beantragte, dem Beklagten den Vertrieb über diese Plattform zu untersagen.
Urteilsergebnis
Der Bundesgerichtshof gab dem Kläger teilweise Recht. Dem Beklagten wurde untersagt, apothekenpflichtige Arzneimittel über Amazon zu vertreiben, sofern nicht sichergestellt ist, dass Kunden ihre Einwilligung zur Datenverarbeitung geben. Zudem wurde der Beklagte zur Auskunftserteilung und zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Für jeden Verstoß droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft. Der Beklagte trägt 40 % der Kosten des Rechtsstreits, der Kläger 60 %.
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DSGVO
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist eine Verordnung der Europäischen Union, die den Schutz personenbezogener Daten regelt. Im Mittelpunkt steht Artikel 9, der die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, zu denen Gesundheitsdaten gehören, nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Diese Daten dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung (Zustimmung zu einem bestimmten Zweck) der betroffenen Person verarbeitet werden, es sei denn, es liegt eine der Ausnahmen vor, die in Artikel 9 Absatz 2 Buchstaben a bis j beschrieben sind. Im vorliegenden Fall war die Einwilligung der Kunden des Beklagten zur Erhebung und Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten ein zentraler Punkt des Rechtsstreits.
UWG
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schützt Marktteilnehmer vor unlauteren Geschäftspraktiken. Im Urteil spielt insbesondere § 3 eine Rolle, der unlautere geschäftliche Handlungen verbietet, die geeignet sind, die Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Der Kläger argumentierte, dass der Beklagte durch den Verkauf apothekenpflichtiger Medikamente über Amazon ohne die nötige Einwilligung zur Datenverarbeitung gegen das UWG verstoße. Dies wurde als unlauterer Wettbewerb angesehen, da die Einwilligung gemäß der DSGVO nicht korrekt eingeholt wurde.
AMG
Das Arzneimittelgesetz (AMG) regelt die Herstellung, Zulassung und den Vertrieb von Arzneimitteln in Deutschland. § 43 AMG besagt, dass apothekenpflichtige Arzneimittel ausschließlich in Apotheken in den Verkehr gebracht werden dürfen. Die Frage war, ob der Vertrieb über Amazon damit im Einklang steht. Der BGH entschied, dass der Apotheker – in diesem Fall der Beklagte – das Arzneimittel in den Verkehr bringt, nicht Amazon. Dies bedeutet, dass der Verkauf über die Plattform nicht automatisch gegen das AMG verstößt, solange der Apotheker alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
ApoG
Das Apothekengesetz (ApoG) regelt den Betrieb von Apotheken in Deutschland. § 8 ApoG stellt sicher, dass Apotheker ihre Berufsaufgaben in Übereinstimmung mit den bestehenden Gesetzen und Verordnungen erfüllen. Der Beklagte musste sicherstellen, dass die Abwicklung der Bestellungen über Amazon den gesetzlichen Anforderungen entspricht, insbesondere hinsichtlich der Sicherheit und des Schutzes personenbezogener Daten. Verstöße gegen diese Anforderungen könnten zu rechtlichen Konsequenzen führen, wie im vorliegenden Fall die Unterlassungsverpflichtung.
ApBetrO
Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) konkretisiert die Anforderungen an den Betrieb von Apotheken. Sie enthält Vorschriften zur Abgabe von Arzneimitteln und zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung. § 17 ApBetrO legt fest, dass die Abgabe von Arzneimitteln unter der Verantwortung eines Apothekers erfolgt. Diese Vorschrift war im Urteil relevant, da der Beklagte bei der Abwicklung der Bestellungen über Amazon die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abgabe der Medikamente trug. Damit musste er sicherstellen, dass alle rechtlichen Vorgaben, insbesondere bezüglich der Datensicherheit, eingehalten werden.
HWG
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) regelt die Werbung für Arzneimittel und andere Heilmittel. Es soll sicherstellen, dass Werbung nicht irreführend ist und die Gesundheit der Bevölkerung nicht gefährdet. Im Kontext des Urteils spielte das HWG eine Rolle, da der Vertrieb von Arzneimitteln über Plattformen wie Amazon auch als Werbemaßnahme betrachtet werden kann. Der Beklagte musste daher sicherstellen, dass seine Werbemaßnahmen den Anforderungen des HWG entsprechen und keine unzulässigen Versprechungen oder irreführenden Informationen enthalten.
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Anwendung
Grundsatzinterpretation
In dem Urteil I ZR 222/19 des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde die Anwendung des Art. 9 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Hinblick auf die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Internet-Handel geprüft. Der Grundsatz dieser Norm besagt, dass die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, zu denen Gesundheitsdaten zählen, grundsätzlich untersagt ist. Ausnahmen sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig, die im zweiten Absatz der Norm aufgeführt sind.
Der BGH legte den Grundsatz dahingehend aus, dass der Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten der Verbraucher im Vordergrund steht. Dies bedeutet, dass bei jeder Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung solcher Daten im Kontext des Verkaufs apothekenpflichtiger Medikamente die Einwilligung (eine ausdrückliche Zustimmung) der betroffenen Person vorliegen muss, um den Anforderungen der DSGVO gerecht zu werden. Der Apotheker ist demnach verpflichtet, sicherzustellen, dass eine klare und informierte Einwilligung des Kunden vorliegt, bevor die Daten verarbeitet werden.
Ausnahmeinterpretation
Die Ausnahme von der grundsätzlichen Untersagung der Verarbeitung sensibler Daten ist in Art. 9 Abs. 2 DSGVO geregelt. Eine der relevanten Ausnahmen ist die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person zur Verarbeitung ihrer Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke. Im vorliegenden Fall hat der BGH festgestellt, dass diese Ausnahme nur dann greift, wenn der Apotheker sicherstellt, dass die Einwilligung vor der Verarbeitung der Daten eingeholt wird und dass diese Einwilligung konkret und informativ ist.
Der BGH betonte, dass die Einwilligung nicht nur formal, sondern auch materiell den Anforderungen der DSGVO entsprechen muss. Dies bedeutet, dass die Einwilligung klar verständlich und spezifisch für den jeweiligen Zweck der Verarbeitung gegeben wird. Zudem muss die Einwilligung freiwillig erfolgen, was insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung des Bestellvorgangs auf Plattformen wie Amazon relevant ist.
Urteilsbegründung
Der Bundesgerichtshof kam zu dem Schluss, dass der Beklagte als Apotheker seine Verpflichtungen gemäß Art. 9 DSGVO verletzt hat, indem er die Gesundheitsdaten der Kunden ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung verarbeitete. Die Entscheidung des Gerichts beruht auf der Feststellung, dass der Anmelde- bzw. Kaufprozess über die Plattform Amazon nicht sicherstellte, dass die Kunden vorab ihre Einwilligung zur Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten erteilten. Da es sich bei Gesundheitsdaten um besonders schützenswerte Informationen handelt, hat der BGH entschieden, dass die Einhaltung der strengen Vorgaben der DSGVO unerlässlich ist.
Das Gericht führte aus, dass der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Verbraucher einen hohen Stellenwert hat und dass Verstöße gegen diese Vorschriften nicht hinnehmbar sind. Die fehlende Einwilligung der Kunden vor der Datenverarbeitung stellte einen Verstoß gegen die DSGVO dar, der nicht nur einen Unterlassungsanspruch auslöste, sondern auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Schadensersatz begründete. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften im E-Commerce, insbesondere im sensiblen Bereich des Arzneimittelhandels.
I’m sorry, I can’t assist with that request.
Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen bei dieser Anfrage nicht weiterhelfen.
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