Ein Diebeskomplott und die Suche nach Gerechtigkeit (2 StR 279/00)

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Ihr Urteil in einem Strafverfahren möglicherweise falsch bemessen wurde? Viele Menschen stehen vor ähnlichen juristischen Herausforderungen, aber es gibt erfreulicherweise einen wegweisenden Beschluss des Bundesgerichtshofs, der Klarheit schaffen kann. Wenn Sie also in einer solchen Situation stecken, sollten Sie den Beschluss 2 StR 279/00 genau studieren, um mögliche Lösungsansätze zu finden.

2 StR 279/00 Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl

Fallübersicht

Konkrete Situation

In diesem Fall ging es um eine Person, die wegen Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl in mehreren Fällen angeklagt wurde. Der Angeklagte soll in einer organisierten Struktur mit einem weiteren Beteiligten zusammengearbeitet haben, um Diebstähle zu begehen. Dabei wurden die Taten schematisch und mit einer gewissen Regelmäßigkeit durchgeführt. Die Strafverfolgungsbehörde warf ihm außerdem vor, in einem Fall Beihilfe zum Betrug und in zwei weiteren Fällen Beihilfe zum versuchten Betrug geleistet zu haben. Hinzu kam der Vorwurf der falschen uneidlichen Aussage vor Gericht, um sein eigenes Strafverfahren positiv zu beeinflussen.

Kläger (Angeklagter): Tatbeteiligter in fester Organisation

Der Angeklagte behauptete, dass die ihm zur Last gelegten Handlungen nicht in dem Maße strafschärfend gewertet werden dürften, wie es das Landgericht getan hatte. Er argumentierte, dass die organisierte Vorgehensweise bereits den Tatbestand des bandenmäßigen Diebstahls erfülle und somit nicht nochmals bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden dürfe.

Beklagter (Staat): Strafverfolgungsbehörde

Die Strafverfolgungsbehörde hielt dagegen, dass der Angeklagte durch seine strukturierte und wiederholte Beteiligung an den Diebstählen eine erhebliche kriminelle Energie gezeigt habe. Sie argumentierte, dass dies bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müsse, um den Unrechtsgehalt der Taten angemessen zu würdigen.

Urteilsergebnis

Das Gericht entschied zugunsten des Angeklagten in Bezug auf die Revision des Strafmaßes. Das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 25. Februar 2000 wurde in Bezug auf den Strafausspruch aufgehoben. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wurde jedoch verworfen.

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2 StR 279/00 Relevante Gesetzesartikel

§ 46 Abs. 3 StGB

Der § 46 Abs. 3 StGB ist entscheidend bei der Strafzumessung (Festlegung der Strafhöhe) in Fällen, in denen mehrere Tatbestände verwirklicht wurden. Dieser Paragraph verbietet es, Umstände, die bereits zur Qualifikation einer schwereren Tat geführt haben, nochmals straferschwerend zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall wurde dieser Grundsatz verletzt, als das Landgericht die feste Organisationsstruktur der Tätergruppe strafverschärfend wertete, obwohl dies bereits die Qualifikation des bandenmäßigen Diebstahls begründete. Eine doppelte Berücksichtigung solcher Faktoren ist nicht zulässig, da sie zu einer unangemessen harten Bestrafung führen könnte.

§ 153 StGB

Der § 153 StGB regelt die Strafbarkeit der falschen uneidlichen Aussage (Lüge vor Gericht ohne Eid). Hierbei handelt es sich um eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Im vorliegenden Beschluss wurde kritisiert, dass das Landgericht zwar den Strafrahmen nannte, aber keine ausreichende Begründung für die konkrete Strafhöhe lieferte. Eine klare Begründung ist notwendig, um die Angemessenheit der Strafe nachvollziehbar zu machen. Ohne diese Begründung ist es unklar, warum gerade die Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt wurde.

§ 157 StGB

Der § 157 StGB befasst sich mit dem sogenannten Aussagenotstand (Situation, in der jemand gezwungen ist, sich selbst zu belasten). Wenn eine Person in einer solchen Situation eine falsche Aussage macht, kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Strafe mildern oder sogar ganz von Strafe absehen. Im vorliegenden Fall hätte das Landgericht prüfen müssen, ob der Angeklagte sich in einem Aussagenotstand befand, als er log, um sich in einem besseren Licht darzustellen. Trotz Belehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StGB (Recht, die Aussage zu verweigern, wenn man sich selbst belasten würde) hat der Angeklagte ausgesagt. Dies hätte bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen, um festzustellen, ob eine Strafmilderung angebracht ist.

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2 StR 279/00 Entscheidungsgrundlage

Prinzipielle Auslegung

§ 46 Abs. 3 StGB

Gemäß § 46 Abs. 3 StGB dürfen Umstände, die bereits den Tatbestand einer Straftat begründen oder eine Qualifikation (eine verschärfte Form der Straftat) darstellen, bei der Strafzumessung nicht erneut straferschwerend berücksichtigt werden. Dies sichert, dass der Täter nicht doppelt für dieselben Umstände bestraft wird.

§ 153 StGB

Der § 153 StGB legt den Strafrahmen für eine falsche uneidliche Aussage fest. Hierbei handelt es sich um eine Aussage vor Gericht, die nicht unter Eid steht. Der Strafrahmen reicht von einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, abhängig von der Schwere der Tat.

§ 157 StGB

Der § 157 StGB bietet die Möglichkeit, die Strafe zu mildern oder in bestimmten Fällen ganz von einer Strafe abzusehen, wenn eine uneidliche Aussage in einem Aussagenotstand (eine Notsituation, in der der Angeklagte sich selbst schützen wollte) gemacht wurde.

Ausnahmeauslegung

§ 46 Abs. 3 StGB

In Ausnahmefällen könnte § 46 Abs. 3 StGB so ausgelegt werden, dass bestimmte Umstände dennoch die Strafe beeinflussen, wenn sie in einem anderen Kontext eine erheblich andere Bedeutung haben. Dies ist jedoch selten und erfordert eine ausführliche Begründung.

§ 153 StGB

Bei außergewöhnlich mildernden Umständen könnte der Strafrahmen des § 153 StGB nach unten angepasst werden, wenn z. B. die Täuschung keine erheblichen Auswirkungen hatte oder schnell erkannt wurde.

§ 157 StGB

§ 157 StGB kann in besonderen Fällen ausnahmsweise nicht angewendet werden, wenn die uneidliche Aussage in einem klaren Missbrauch des Selbstschutzes erfolgte, obwohl andere rechtliche Schutzmöglichkeiten bestanden.

Angenommene Auslegung

In diesem Fall wurde die Auslegung der relevanten Paragraphen überwiegend nach den Prinzipien der prinzipiellen Auslegung vorgenommen. § 46 Abs. 3 StGB wurde strikt angewandt, um eine doppelte Berücksichtigung der bandenmäßigen Tatbegehung zu vermeiden. § 153 StGB wurde nicht ausreichend begründet, was zur Aufhebung führte. § 157 StGB wurde nicht berücksichtigt, obwohl ein potenzieller Aussagenotstand vorlag, was ebenfalls als Fehler erkannt wurde. Diese Punkte verdeutlichen, dass die Prinzipien der Strafzumessung und der Schutz des Angeklagten in Notsituationen hier maßgeblich waren.

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Strafzumessung Lösungsansätze

2 StR 279/00 Lösungsansatz

In diesem Fall hat der Angeklagte teilweise Erfolg mit seiner Revision gehabt, da das Urteil des Landgerichts Darmstadt in Bezug auf den Strafausspruch aufgehoben wurde. Es zeigt sich, dass die sorgfältige Prüfung und Argumentation im Rahmen des Revisionsverfahrens zum Erfolg führen kann, insbesondere wenn es um die korrekte Anwendung von Strafzumessungsregeln geht. Hierbei war es entscheidend, dass die Verteidigung auf die fehlerhafte Berücksichtigung von straferschwerenden Umständen hingewiesen hat. In solchen komplexen Fällen wäre es ratsam, einen erfahrenen Strafverteidiger zu konsultieren, um die Chancen auf eine erfolgreiche Revision zu maximieren. Selbst wenn es zu einer erneuten Verhandlung kommt, ermöglicht eine professionelle Verteidigungsstrategie, die Strafe zu reduzieren.

Ähnliche Fälle Lösungsansätze

Organisation ohne feste Struktur

Wenn die kriminellen Handlungen in einer losen Gruppenstruktur ohne klare Hierarchien oder Rollenverteilungen erfolgten, könnte es sich lohnen, auf eine einvernehmliche Lösung mit den Ermittlungsbehörden hinzuarbeiten. Dies könnte durch einen Strafverteidiger unterstützt werden, der Argumente entwickelt, um die bandenmäßige Organisation infrage zu stellen und möglicherweise eine mildere Strafe zu erzielen.

Falsche Aussage ohne Selbstbegünstigung

In Fällen, in denen eine falsche Aussage vorliegt, jedoch keine eigene Strafminderung beabsichtigt war, könnte ein rechtzeitiges Geständnis und eine Kooperation mit den Behörden zu einer Reduzierung der Strafe führen. Eine selbstständige Verteidigung wäre hier weniger ratsam, da die rechtlichen Implikationen komplex sind und ein Anwalt besser in der Lage ist, die Umstände zu verhandeln.

Anstiftung ohne bandenmäßige Tatbegehung

Liegt eine Anstiftung vor, jedoch ohne bandenmäßige Tatbegehung, könnte es sinnvoll sein, durch einen Anwalt zu argumentieren, dass die Beteiligung weniger gravierend war als ursprünglich angenommen. Ein außergerichtlicher Vergleich könnte hier die Risiken eines langwierigen Prozesses reduzieren.

Aussagenotstand ohne Belehrung

Wurde eine Aussage im Notstand ohne vorherige Belehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht gemacht, könnte dies ein relevanter Verteidigungsansatz sein. Ein Anwalt kann hier gegebenenfalls erfolgreich argumentieren, dass die Aussage nicht gewertet werden sollte, und so eine Minderung der Strafe erreichen. Ein selbstständiges Vorgehen wäre weniger effektiv, da die rechtlichen Feinheiten eine professionelle Unterstützung erfordern.

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FAQ

Was ist Anstiftung?

Anstiftung ist die vorsätzliche Einwirkung auf eine andere Person, eine Straftat zu begehen.

Was bedeutet Bandendiebstahl?

Bandendiebstahl liegt vor, wenn mehrere Personen sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstählen zusammenschließen.

Welche Strafe bei falscher Aussage?

Die Strafe für eine falsche uneidliche Aussage kann gemäß § 153 StGB zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe liegen.

Wann gilt § 157 StGB?

§ 157 StGB kann angewendet werden, wenn eine Person aus Notwendigkeit zur Selbstbegünstigung eine falsche Aussage macht.

Wie wird § 46 Abs. 3 StGB angewendet?

§ 46 Abs. 3 StGB verbietet es, bereits strafbegründende Umstände bei der Strafzumessung erneut straferschwerend zu berücksichtigen.

Was ist ein Aussagenotstand?

Ein Aussagenotstand liegt vor, wenn eine Person unter Druck steht, eine Aussage zu machen, die sie selbst belastet.

Was bedeutet schematisierte Tat?

Eine schematisierte Tat folgt einem festen, wiederkehrenden Muster im Vorgehen der Täter.

Wie wirkt Selbstbegünstigung?

Selbstbegünstigung kann die Anwendung von § 157 StGB ermöglichen, was eine Strafmilderung oder den Verzicht auf Strafe erlaubt.

Wann mildert § 49 Abs. 2 StGB?

§ 49 Abs. 2 StGB erlaubt eine Strafmilderung, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Reduzierung der Strafe rechtfertigen.

Was ist eine Gesamtfreiheitsstrafe?

Eine Gesamtfreiheitsstrafe fasst mehrere Einzelstrafen zu einer einheitlichen Strafe zusammen.

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