Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob ein Notar wirklich unabhängig bleibt, wenn er nebenbei im Aufsichtsrat einer Bank sitzt, die auch Immobiliengeschäfte betreibt? Viele Menschen stehen vor der Herausforderung, solche Interessenkonflikte zu erkennen und angemessen zu bewerten. Ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs bietet hierfür wertvolle Orientierung und kann Ihnen helfen, Klarheit in solchen Situationen zu gewinnen.
NotZ 13/00 Genehmigung Nebentätigkeit Notar
Fallübersicht
Konkrete Situation
In diesem Fall geht es um einen Notar, der gleichzeitig als Rechtsanwalt tätig ist und in den Aufsichtsrat einer Kreditgenossenschaft, der L. Volksbank eG, gewählt wurde. Diese Genossenschaft befasst sich laut Satzung unter anderem auch mit Grundstücksgeschäften und deren Vermittlung. Der Notar hat die Genehmigung der Aufsichtsbehörde beantragt, um diese Nebentätigkeit ausüben zu können. Die Genehmigung wurde jedoch von der Aufsichtsbehörde mit der Begründung abgelehnt, dass seine Tätigkeit im Aufsichtsrat das Vertrauen in seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Notar gefährden könnte.
Kläger (Rechtsanwalt und Notar)
Der Kläger, ein seit 1983 zugelassener Rechtsanwalt und Notar mit Amtssitz in H., argumentiert, dass seine Tätigkeit im Aufsichtsrat der L. Volksbank eG keine Gefährdung seiner Unabhängigkeit darstelle. Er ist der Meinung, dass die Aufsichtsbehörde ihre Entscheidung ohne ausreichende Berücksichtigung der Möglichkeit getroffen hat, die Genehmigung mit bestimmten Auflagen zu erteilen, die solche Interessenkonflikte verhindern könnten.
Beklagte (Aufsichtsbehörde)
Die Beklagte, die zuständige Aufsichtsbehörde, hält an ihrer Entscheidung fest, die Genehmigung zu verweigern. Sie argumentiert, dass die Beteiligung des Notars an einer Genossenschaft, die sich mit Grundstücksgeschäften beschäftigt, grundsätzlich das Vertrauen in die notwendige Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Notars beeinträchtigen kann. Die Behörde betont, dass die Satzung der Genossenschaft eine ernsthafte und nachhaltige Verfolgung von Grundstücksgeschäften vorsieht, was nach ihrer Auffassung eine Genehmigung der Nebentätigkeit ausschließt.
Urteil
Die Beklagte hat den Fall gewonnen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Aufsichtsbehörde zu Recht die Genehmigung für die Nebentätigkeit des Notars verweigert hat. Der Notar muss die Gerichtskosten des Verfahrens tragen, und es werden keine außergerichtlichen Auslagen erstattet. Das Gericht stellte fest, dass die Tätigkeit im Aufsichtsrat der L. Volksbank eG das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars gefährden kann und dass solche Gefährdungen im Interesse der Rechtspflege vermieden werden müssen.
Streit um Verfahrenskosten wegen kranker Staatsanwalt (1 StR 502/99) 👆NotZ 13/00 Relevante gesetzliche Bestimmungen
BNotO § 8 Abs. 3
Der § 8 Absatz 3 der Bundesnotarordnung (BNotO) ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Notarrechts, der die Genehmigung von Nebentätigkeiten regelt. Ein Notar darf nur dann einer Nebentätigkeit nachgehen, wenn diese mit dem öffentlichen Amt vereinbar ist und das Vertrauen in seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet. Dieser Paragraph wurde durch die Änderungsgesetze präzisiert, um die Unabhängigkeit des Notars zu schützen. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass jede Nebentätigkeit, die den Anschein erwecken könnte, die Neutralität des Notars zu beeinflussen, grundsätzlich abzulehnen ist. Die Aufsichtsbehörde hat hierbei das Ermessen, Genehmigungen zu erteilen oder abzulehnen, solange die Tätigkeit die Integrität des Notars nicht beeinträchtigt.
BNotO § 14 Abs. 4
Der § 14 Absatz 4 der Bundesnotarordnung legt ein klares Verbot für Notare fest, bestimmte Vermittlungstätigkeiten auszuüben, insbesondere im Bereich von Grundstücksgeschäften. Dieses Verbot dient dazu, Interessenkonflikte zu vermeiden, die entstehen könnten, wenn ein Notar ein persönliches Interesse an der Vermittlung eines Geschäfts hätte, das er auch notariell betreut. Das Gesetz schützt so das Vertrauen der Öffentlichkeit in die unparteiische Funktion des Notars. Somit darf ein Notar keine Provision oder sonstigen Vorteile aus der Vermittlung solcher Geschäfte ziehen. Diese Regelung unterstreicht die Bedeutung der Unparteilichkeit und verhindert, dass der Notar in eine Rolle gerät, die seine objektive Urteilsfähigkeit beeinflusst.
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Grundlegende Auslegung
BNotO § 8 Abs. 3
Der § 8 Abs. 3 der Bundesnotarordnung (BNotO) bestimmt, dass eine Nebentätigkeit eines Notars genehmigt werden kann, sofern sie mit dem öffentlichen Amt des Notars vereinbar ist. Dies bedeutet, dass die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars nicht gefährdet werden dürfen. In der Praxis wird dieser Paragraph so ausgelegt, dass schon der bloße Anschein einer möglichen Interessenkollision vermieden werden muss, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Notarstelle zu bewahren.
BNotO § 14 Abs. 4
Nach § 14 Abs. 4 BNotO ist es dem Notar ausdrücklich untersagt, unter anderem Grundstücksgeschäfte zu vermitteln. Dieses Verbot soll verhindern, dass der Notar ein persönliches Interesse am Abschluss solcher Geschäfte hat, wodurch seine Neutralität beeinträchtigt werden könnte. Es wird strikt darauf geachtet, dass keine Vermischung von amtlichen und privaten Interessen stattfindet, um die Unparteilichkeit des Notars zu sichern.
Ausnahmeauslegung
BNotO § 8 Abs. 3
In Ausnahmefällen könnte eine Nebentätigkeit genehmigt werden, wenn klare Auflagen (z.B. Tätigkeitsverbote bei bestimmten Geschäften) formuliert werden, die sicherstellen, dass die Unabhängigkeit des Notars nicht gefährdet wird. Solche Auflagen müssten jedoch konkret und durchsetzbar sein, um wirksam zu sein.
BNotO § 14 Abs. 4
Eine Ausnahme von dem Vermittlungsverbot in § 14 Abs. 4 BNotO könnte theoretisch in Betracht kommen, wenn der Notar nachweislich keinen Einfluss auf die Vermittlung von Grundstücksgeschäften hat und auch kein persönliches Interesse daran besteht. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall, da der Gesetzgeber einen hohen Schutzstandard für die Unabhängigkeit des Notars vorsieht.
Angewandte Auslegung
Im vorliegenden Fall wurde die grundsätzliche Auslegung angewendet. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt, dass die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars höchste Priorität haben. Die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Kreditgenossenschaft, die satzungsgemäß Grundstücksgeschäfte betreibt, wurde als Gefährdung für das öffentliche Vertrauen angesehen. Die Antragsgegnerin hat zu Recht entschieden, dass eine solche Nebentätigkeit das Vertrauen in die Unparteilichkeit des Notars gefährden könnte, und dass diese Gefahr nur durch die vollständige Versagung der Genehmigung abgewendet werden kann. Auflagen allein wurden als unzureichend betrachtet, um den „bösen Schein“ zu vermeiden.
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NotZ 13/00 Lösung
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller, ein Notar, die Genehmigung für eine Nebentätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank beantragt, die auch mit Immobiliengeschäften befasst ist. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese Tätigkeit das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars gefährden kann und daher die Genehmigung zu Recht versagt wurde. In diesem Fall war der Versuch, die Genehmigung gerichtlich durchzusetzen, keine erfolgreiche Strategie. Eine bessere Herangehensweise wäre es gewesen, die potenziellen Interessenkonflikte im Vorfeld zu vermeiden und alternative Tätigkeiten zu prüfen, die keine rechtlichen Bedenken hervorrufen. Hätte der Antragsteller vorab rechtlichen Rat eingeholt, hätte er möglicherweise eine Tätigkeit wählen können, die mit seinem Notaramt vereinbar ist, um so die gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
Ähnliche Fälle Lösungsansätze
Notar auch Makler
Ein Notar, der zusätzlich als Immobilienmakler tätig sein möchte, sollte sich bewusst sein, dass solche Tätigkeiten oft im Konflikt mit der Unabhängigkeit des Notaramts stehen. In diesem Fall wäre es ratsam, die Maklertätigkeit aufzugeben oder in eine beratende Rolle ohne direkte Vermittlung von Immobilien zu wechseln. Eine rechtliche Beratung vor Aufnahme der Tätigkeit ist hier unerlässlich.
Notar in Baugesellschaft
Ein Notar, der in den Vorstand einer Baugesellschaft eintreten möchte, sollte prüfen, ob seine Rolle potenziell Interessenkonflikte mit seiner Notartätigkeit birgt. Eine Beratung durch einen spezialisierten Anwalt könnte helfen, die Tätigkeitsbereiche klar zu trennen und gegebenenfalls vertragliche Vorkehrungen zu treffen, um sein Notaramt nicht zu gefährden.
Notar ohne Aufsichtsrat
Ein Notar, der eine Position im Aufsichtsrat anstrebt, sollte alternative Beratungs- oder Aufsichtsfunktionen in Organisationen suchen, die keine Immobiliengeschäfte tätigen. In solchen Fällen könnte ein Notar auch ohne weitere rechtliche Schritte eine passende Position finden, die im Einklang mit seiner Haupttätigkeit steht.
Notar in gemeinnütziger Organisation
Ein Notar, der sich in einer gemeinnützigen Organisation engagieren möchte, sollte sicherstellen, dass diese Tätigkeit keinen wirtschaftlichen Gewinnzweck verfolgt, der im Widerspruch zu seiner Unabhängigkeit stehen könnte. Hier wäre eine vorherige Absprache mit der Notarkammer ratsam, um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden und die Tätigkeit ohne rechtliche Bedenken aufnehmen zu können.
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Wer kann Notar sein
Ein Notar muss in der Regel ein erfahrener Jurist sein, der bestimmte Qualifikationen und Erfahrungen nachweisen kann. Die genauen Voraussetzungen können je nach Bundesland variieren.
Was ist eine Nebentätigkeit
Eine Nebentätigkeit ist eine zusätzliche berufliche Tätigkeit, die ein Notar neben seinem Hauptberuf ausübt. Diese muss in der Regel genehmigt werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Warum ist Unabhängigkeit wichtig
Unabhängigkeit garantiert, dass Notare unparteiisch und objektiv handeln. Dies ist entscheidend für das Vertrauen in das notarielle Amt und die Rechtsstaatlichkeit.
Wann ist Genehmigung nötig
Eine Genehmigung ist erforderlich, wenn die Nebentätigkeit das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars gefährden könnte.
Welche Tätigkeiten sind verboten
Tätigkeiten, die das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Notars gefährden oder gesetzlich als unvereinbar erklärt sind, wie z.B. die Vermittlung von Grundstücksgeschäften.
Wie wird Unparteilichkeit geprüft
Die Unparteilichkeit wird anhand der gesetzlichen Vorgaben und der möglichen Interessenkonflikte, die eine Tätigkeit mit sich bringen könnte, geprüft.
Was tun bei Interessenkonflikt
Bei einem Interessenkonflikt muss der Notar die Tätigkeit einstellen oder sich um eine Genehmigung mit Auflagen bemühen, um die Unparteilichkeit zu wahren.
Wie wirkt sich Aufsichtsrat aus
Die Mitgliedschaft in einem Aufsichtsrat kann das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Notars gefährden, insbesondere wenn das Unternehmen Grundstücksgeschäfte tätigt.
Kann Notar Anwalt sein
In einigen Bundesländern ist es möglich, dass ein Notar gleichzeitig als Anwalt tätig ist, jedoch unterliegen beide Tätigkeiten strengen Regulierungen.
Wann ist Vertrauen gefährdet
Das Vertrauen ist gefährdet, wenn der Anschein entsteht, dass der Notar persönliche oder geschäftliche Interessen über seine beruflichen Pflichten stellt.
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