14-tägiges Widerrufsrecht Kreditkarte versehentlich verweigert?

GCS Europe verlangt knapp 70 Euro, obwohl man den Antrag sofort widerrufen wollte? Genau das ist einem Nutzer passiert, der angab, versehentlich auf einen Link zum „Verzicht auf das Widerrufsrecht“ geklickt zu haben. Hier wird geklärt, welche Rechte Verbraucher dennoch haben – auch wenn auf den ersten Blick alles verloren scheint.

Hintergrund zum Vertragsabschluss mit GCS Europe

Der Ausgangspunkt ist ein online abgeschlossener Vertrag über eine virtuelle Visa-Karte bei GCS Europe. Direkt nach der Genehmigung des Antrags erhielt der Verbraucher eine E-Mail, in der ein Link enthalten war, mit dem man freiwillig auf das 14-tägige Widerrufsrecht verzichten konnte. Dieser Verzicht ist im deutschen Verbraucherrecht zwar grundsätzlich möglich – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtswirksam.

Warum überhaupt ein Widerrufsrecht existiert

Das sogenannte 14-tägige Widerrufsrecht ist im § 355 BGB geregelt und soll Verbraucher:innen schützen, die Verträge online oder außerhalb von Geschäftsräumen abschließen. Es erlaubt ihnen, ohne Angabe von Gründen und ohne Vertragsstrafe vom Vertrag zurückzutreten. Dieses Recht kann laut § 356 Abs. 4 BGB zwar erlöschen, aber nur, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat und der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass die Leistung vor Ablauf der Frist beginnt.

Was in der E-Mail von GCS Europe stand

Im Fall von GCS Europe war in der E-Mail ein Satz enthalten wie: „Wenn du den Prozess beschleunigen möchtest, klicke hier, um auf dein Widerrufsrecht zu verzichten.“ Der User berichtete, dass er versehentlich auf diesen Link geklickt hat – möglicherweise beim Scrollen auf dem Smartphone. Das allein stellt jedoch keine wirksame „ausdrückliche Zustimmung“ dar, wie es § 356 Abs. 4 Satz 1 BGB verlangt.

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Ist der Widerrufsverzicht rechtsgültig?

Ob ein Klick auf einen Link tatsächlich einen rechtsgültigen Verzicht darstellt, ist stark umstritten. Die Anforderungen an eine wirksame Verzichtserklärung sind streng.

Erforderlich: klare und verständliche Belehrung

Laut dem Urteil des Amtsgerichts Northeim (Az. 3 C 278/23 vom 21.03.2024) reicht eine einfache Checkbox oder ein Klick allein nicht aus, um den Verzicht rechtlich durchzusetzen. Vielmehr muss der Verbraucher zuvor klar, deutlich und verständlich über das Widerrufsrecht belehrt worden sein – und zwar in hervorgehobener Weise vor Vertragsschluss. Nur dann kann der Unternehmer auf ein rechtsgültiges Einverständnis zum Verzicht pochen.

E-Mail-Anhang als „Belehrung“ nicht ausreichend

Im genannten Fall von GCS Europe wurde zwar auf eine „ausführliche Erläuterung der Rechte im Anhang“ verwiesen, doch diese kommt zu spät. Nach der Rechtsprechung muss die Belehrung vor dem Klick erfolgen – und nicht erst danach. Damit könnte die Grundlage für das Erlöschen des Widerrufsrechts bereits zweifelhaft sein.

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Kann man den Verzicht anfechten?

Und wenn der Klick tatsächlich ein Versehen war? Dann kommt eine Anfechtung der Willenserklärung in Betracht.

Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB)

Wenn man aus Versehen auf den Link geklickt hat – etwa durch Scrollen oder falsches Antippen – kann dieser Klick als „Irrtum in der Erklärung“ gewertet werden. Laut § 119 BGB ist eine Anfechtung in diesem Fall zulässig.

Fristgemäß innerhalb weniger Tage (§ 121 BGB)

Wichtig ist: Die Anfechtung muss „unverzüglich“ erfolgen. Das bedeutet, sobald der Irrtum erkannt wird, muss man reagieren – idealerweise innerhalb weniger Tage. Die Erklärung sollte schriftlich per E-Mail erfolgen und ausdrücklich mit Bezug auf § 119 BGB formuliert sein.

Folge der Anfechtung: Vertrag wird rückwirkend unwirksam

Wenn die Anfechtung erfolgreich ist, gilt der Vertrag nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig. Kosten dürfen dann nicht erhoben werden – es sei denn, der Anbieter kann einen sogenannten „Vertrauensschaden“ nachweisen (§ 122 BGB). Das dürfte bei einem bloßen Klick ohne weitere Nutzung der Leistungen aber sehr schwer sein.

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Was ist mit der Kontoschließungsgebühr?

GCS Europe bietet „aus Kulanz“ eine Zahlung von 69,85 Euro an, um den Vertrag zu beenden.

Kulanz oder versteckte Vertragsstrafe?

Zwar wird dies als freiwillige Gebühr bezeichnet, doch de facto ist es eine Hürde für den Rücktritt. Wenn der Verzicht nicht rechtswirksam war oder erfolgreich angefochten wurde, fehlt GCS Europe jedoch die Rechtsgrundlage, diese Gebühr einzufordern.

Widerspruch gegen die Forderung

Betroffene sollten daher der Forderung ausdrücklich widersprechen – am besten zusammen mit der Anfechtungserklärung und einem erneuten Hinweis auf den Widerruf. Auch § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB könnte in bestimmten Fällen herangezogen werden, wenn keine vollständige Leistung erbracht wurde.

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Wie realistisch ist ein gerichtliches Verfahren?

Ein häufiges Dilemma: Recht haben ist das eine, Recht bekommen das andere.

Lohnt sich der Aufwand für 70 Euro?

Viele Verbraucher zahlen die Gebühr einfach, um Ruhe zu haben. Doch das fördert unternehmerische Praktiken, die auf rechtlich fragwürdigen Konstruktionen beruhen.

Inkassodrohung und Mahnbescheid

Wird die Gebühr nicht bezahlt, folgen oft Mahnungen oder Inkassoschreiben. Ein gerichtlicher Mahnbescheid kann zwar folgen – dem sollte man dann aber fristgerecht widersprechen. Erst danach müsste GCS Europe Klage einreichen, was angesichts der unsicheren Rechtslage und des geringen Streitwerts eher unwahrscheinlich ist.

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Lösung: So sollten Betroffene jetzt handeln

Für viele Betroffene ist klar: Der Klick auf den Verzicht war ein Fehler – aber kein endgültiges Aus.

Schriftliche Anfechtung und Widerruf

Die sicherste Strategie besteht darin, schriftlich die Anfechtung des Verzichts zu erklären und gleichzeitig den Widerruf des Vertrags nochmals zu wiederholen. Beides sollte mit rechtlicher Begründung (z. B. §§ 119, 121, 355, 356 BGB) belegt sein.

Deutlicher Widerspruch gegen die Gebühr

Gleichzeitig empfiehlt es sich, der Forderung nach der „Kontoschließungsgebühr“ klar zu widersprechen. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, diese Gebühr zu verlangen, wenn der Vertrag durch Anfechtung oder Widerruf als nichtig gilt.

Dokumentation und Fristen beachten

Wichtig ist: Alles sollte gut dokumentiert, datiert und nachvollziehbar archiviert werden. Wer innerhalb der gesetzlichen Fristen agiert, hat gute Chancen, am Ende doch ohne Kosten aus der Sache herauszukommen.

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Fazit

Auch wenn man versehentlich auf den Verzicht des 14-tägigen Widerrufsrechts geklickt hat, bedeutet das nicht automatisch, dass man völlig rechtlos dasteht. Gerade bei Onlineverträgen – wie im Fall der virtuellen Kreditkarte von GCS Europe – gelten hohe Anforderungen an eine wirksame Zustimmung zum Erlöschen des Widerrufsrechts. Wer direkt nach dem Klick den Widerruf erklärt und diesen nun mit einer Anfechtung nach § 119 BGB kombiniert, kann gute Chancen haben, die sogenannte Kontoschließungsgebühr in Höhe von knapp 70 Euro abzuwenden. Wichtig ist jedoch, zügig und rechtlich fundiert zu reagieren. Das 14-tägige Widerrufsrecht bei Kreditkartenverträgen schützt Verbraucher, darf aber nicht durch intransparente Prozesse unterlaufen werden – genau dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Wer sich gut informiert und nicht vorschnell aufgibt, kann sich gegen unfaire Forderungen zur Wehr setzen.

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FAQ

Muss ich wirklich zahlen, obwohl ich sofort widerrufen habe?

Nicht unbedingt. Wenn der Klick auf den Link zum Verzicht des 14-tägigen Widerrufsrechts unbeabsichtigt war, kann diese Willenserklärung nach § 119 BGB angefochten werden. In Kombination mit dem rechtzeitig erklärten Widerruf bestehen gute Chancen, die Zahlungspflicht zu vermeiden.

Reicht ein einfacher Klick als Verzicht auf das Widerrufsrecht?

Nein, nach § 356 Abs. 4 BGB muss der Verzicht ausdrücklich und informiert erfolgen. Ein einzelner Klick auf einen Link – ohne Checkbox oder vorherige deutliche Belehrung – reicht in vielen Fällen rechtlich nicht aus. Das wurde auch in aktuellen Urteilen wie AG Northeim, Az. 3 C 278/23, betont.

Ist die Kontoschließungsgebühr von GCS Europe überhaupt rechtmäßig?

Zweifelhaft. Wenn der Vertrag durch Anfechtung oder rechtmäßigen Widerruf rückwirkend nichtig ist, fehlt die Grundlage für eine solche Gebühr. In diesem Fall ist es sinnvoll, der Forderung schriftlich zu widersprechen.

Sollte ich auf das Kulanzangebot von GCS eingehen?

Nur, wenn man keine Auseinandersetzung wünscht. Rein rechtlich gibt es gute Argumente, die Zahlung abzulehnen – gerade wenn das 14-tägige Widerrufsrecht Kreditkarte nicht wirksam ausgeschlossen wurde. Wer sich auf das Angebot einlässt, erkennt jedoch womöglich indirekt eine Vertragsbindung an.

Was passiert, wenn ich nicht bezahle?

Es könnten Mahnungen oder Inkassoschreiben folgen. Ein gerichtlicher Mahnbescheid müsste aktiv widersprochen werden. Ohne Klageandrohung ist das Risiko jedoch überschaubar. Wichtig: Nur nicht untätig bleiben – und am besten juristisch fundiert reagieren.

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